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Gegen seinen Ex-Verein Karlsruher SC stand Florian Stritzel noch im Tor der Lilien. Ob er das auch noch im nächsten Spiel gegen den FC St. Pauli tut, ist offen. Marcel Schuhen, vor der Saison als neue Nummer eins für Daniel Heuer Fernandes geholt, ist nach seiner Verletzung wieder fit, saß bereits auf der Bank. In der Länderspielpause will Trainer Dimitrios Grammozis eine Entscheidung in der Torwartfrage treffen – und Stritzel droht wieder die Bank. In einem Beitrag in der neuen Ausgabe unseres Partners „Vorhang auf“ habe ich den Keeper porträtiert.



Florian Stritzel: Immer 100 Prozent geben und auf die Chance hoffen

Nach langer Wartezeit darf der Keeper endlich spielen – Die Frage ist: Wie lange?

Von Stephan Köhnlein

Jede Mannschaft hat zehn Feldspieler, aber nur einen Torhüter. Entsprechend knapp sind die Planstellen für Keeper im Profi-Fußball. Selbst wer in der Jugend als großes Talent galt und in Auswahlmannschaften spielte, findet sich später oft auf der Bank oder bei unterklassigen Teams wieder. Da heißt es, positiv bleiben, Geduld haben, im Training immer alles geben und auf seine Chance warten – so wie es Florian Stritzel gemacht hat.

Der Schuss von der Strafraumgrenze war eigentlich harmlos und genau auf den Mann. Doch der Ball rutschte Florian Stritzel trotzdem durch die Hosenträger – und Union Berlin führte 1:0. Noch zweimal musste der Keeper hinter sich greifen, in der Nachspielzeit überwand ihn sogar sein Mitspieler Jan Rosenthal mit einem Eigentor.

Das 3:3 im November 2017 war der einzige Pflichtspieleinsatz Stritzels in zwei Jahren für den SV Darmstadt 98 – und nicht unbedingt eine Empfehlung für den Keeper. Trotzdem genießt der 1,97-Meter-Hüne hohes Ansehen bei den Lilien. Das schlug sich unter anderem darin nieder, dass der Verein seinen Vertrag im Sommer um zwei weitere Jahre verlängerte.

„Konkurrenzkampf auf hohem Niveau“

„Flo hat in den vergangenen beiden Jahren bewiesen, dass er sowohl sportlich als auch menschlich hervorragend zum SV 98 passt“, erklärte Carsten Wehlmann, Sportlicher Leiter der Lilien, anlässlich der Vertragsverlängerung. „Er hat sich immer tadellos verhalten und für einen Konkurrenzkampf auf hohem Niveau auf der Torhüterposition gesorgt.“

So war es Stritzel gelungen, im Kampf um die Nummer zwei den bundesliga-erfahrenen Max Grün auf Distanz zu halten. Grün ist mittlerweile zu Bundesligist Borussia Mönchengladbach weitergezogen. Für die laufende Saison war „Strille“, wie ihn seine Mitspieler nennen, weiter als Nummer zwei vorgesehen. Als Nummer eins und Nachfolger von Daniel Heuer Fernandes wurde Marcel Schuhen vom SV Sandhausen geholt. Doch der brach sich nach dem ersten Spiel im Training den Arm und musste wochenlang pausieren. So schlug die Stunde von Stritzel.

Florian Stritzel: „Stürmer werde ich nicht mehr“

Bei seinem Debüt gegen Holstein Kiel spielte er ruhig und souverän, als wäre er schon seit vielen Jahren Stammkeeper. Nur einmal stockte Zuschauern, Mitspielern und Stritzel selbst der Atem. Da musste er in einen Zweikampf mit dem Fuß gegen einen Kieler Angreifer. „Also, Stürmer werde ich nicht mehr“, sagte er danach lachend. „Ich habe den Ball schlecht mitgenommen und dann kriegst Du schnell Druck. Der Spieler hat ja auch ein bisschen den Turbo unterm Arsch und läuft sehr schnell.“ Es ging gut. Der Keeper blieb bei seinem Comeback unbezwungen, die Lilien gewannen 2:0.

Stritzel stammt aus Mecklenburg-Vorpommern, wurde beim Hamburger SV ausgebildet und galt als großes Torwarttalent. Er bestritt mehrere Nachwuchsländerspiele, rückte bereits als A-Jugendlicher in den Profikader der Hamburger auf. Doch für einen Bundesliga-Einsatz langte es nicht. Er wechselte zum Karlsruher SC. Doch auch dort kam er nur in der zweiten Mannschaft zum Einsatz. Und auch der Wechsel nach Darmstadt brachte ihm zunächst nicht mehr Spiele. Seine gesamte Karriere hat der mittlerweile 25-Jährige bei Vereinen der ersten beiden Ligen verbracht. Doch bis zum Sommer war das Spiel bei Union Berlin sein einziger Profieinsatz.

Ex-Nationalmannschaftskollegen droht gar die Tribüne

Eine solche Karriere ist keineswegs ungewöhnlich für einen Torhüter. Jedes Jahr drängen allein von den 38 Teams der deutschen Profiligen in der Regel jeweils zwei Torhüter in die Seniorenbereich. Da sind die Planstellen knapp – und teilweise über Jahre hinweg besetzt. Anders als ein Feldspieler, der in der Regel auf verschiedenen Positionen eingesetzt oder zumindest angelernt werden kann, besteht diese Option bei Torhütern nicht. Ihre einzige Position ist das Tor. So verschwinden viele hoffnungsvolle Torwarttalente in der Versenkung.

Im Kader der Lilien gibt es mit Carl Klaus noch so einen Fall. Der ist wie Stritzel 25 Jahre alt, beide kennen sich aus den Nachwuchsnationalmannschaften. Klaus wurde beim VfB Stuttgart und beim VfL Wolfsburg ausgebildet, doch für den Sprung zu den Profis langte es auch bei ihm nicht. „Manchmal ist es besser, einen Schritt zurückzugehen“, sagt Klaus. Zuletzt war er beim spanischen Drittligisten Atlético Baleares unter Vertag, ab Sommer vereinslos. Bei den Lilien kam er erst nach der Verletzung Schuhens unter – und wenn der zurückkommt, droht Klaus längerfristig die Tribüne.

Stritzel würde natürlich gerne weiter im Tor stehen, wenn Schuhen wieder fit ist (siehe Interview). Er werde im Training alles und im Spiel noch mehr geben. Dann werde der Trainer entscheiden. „Dem werden wir uns dann auch beugen“, sagte der 1,97-Meter-Mann und fügt lapidar an: „So ist das halt.“



Zur Person

Florian Stritzel kam am 31. Januar 1994 in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern zur Welt. Seine Mutter stammt aus der DDR, sein Vater aus der Steiermark. Deswegen hat er sowohl die deutsche wie auch die österreichische Staatsbürgerschaft.

Stritzel begann in der Jugend des Torgelower SV Greif und des 1. FC Neubrandenburg 04 mit dem Fußballspielen, bevor er 2007 in das Nachwuchsleistungszentrum des Hamburger SV wechselte. Dort war er sowohl in der B-Junioren-, als auch in der A-Junioren-Bundesliga die Nummer eins seines Teams und bestritt fünf Nachwuchsländerspiele.

Ende der Saison 2011/12 wurde er schon als A-Jugendspieler zeitweise zu den HSV-Profis hochgezogen. Zur Saison 2012/13 unterschrieb Stritzel seinen ersten Lizenzspielervertrag und rückte in den Kader der zweiten Mannschaft auf. Ein Jahr später wurde er Mitglied des Profikaders, sammelte aber weiter Spielpraxis in der zweiten Mannschaft.

Zur Saison 2014/15 wechselte Stritzel in die 2. Bundesliga zum Karlsruher SC. In drei Spielzeiten kam er allerdings nur zu 56 Einsätzen für die zweite Mannschaft in der fünftklassigen Oberliga Baden-Württemberg. Im Sommer 2017 ging Stritzel nach Darmstadt. Im Mai 2019 verlängerte er seinen Vertrag bei den Lilien bis 2021.




Bildquellen

  • SVD-KSV-Blog-2019-20-025: Arthur Schönbein

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