Was hat es mit Rassismus zu tun, wenn man Lilien-Coach Dimitrios Grammozis nur noch als „den Griechen“ bezeichnet? Mehr als man womöglich zunächst denkt, sagt Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein:
Keine Frage, die Lilien liegen mit Rang 14 hinter den Erwartungen zurück. Da ist es logisch, dass neben der Mannschaft auch Trainer Dimitrios Grammozis hinterfragt wird. In den vergangenen Wochen wurde jedoch in verschiedenen Foren und Fangruppen oft nur noch abschätzig von „dem Griechen“ gesprochen, der weg müsse, nach Hause gehen soll, oder es wurde die griechische Fahne mit hämischen Kommentaren abgebildet. Bei aller berechtigten Kritik angesichts der bisherigen Saison-Bilanz – das geht nicht.
Wieso? Zunächst, weil die sportliche Leistung der Lilien rein gar nichts mit der Nationalität des Trainers zu tun hat. Grammozis tanzt zudem ja auch weder bei einem Tor Sirtaki, noch trinkt er meines Wissens nach vor oder nach dem Spiel immer einen Ouzo.
Das war bei Dirk Schuster anders. Der wurde selbst in seiner Endzeit bei den Lilien nicht immer wieder als „Sachse“ oder „Ossi“ tituliert, der gefälligst wieder rübermachen soll. Selbst beim knorrigen und wenig beliebten Norbert Meier spielte es bei der teils harschen Kritik keine Rolle, dass er aus Norddeutschland kam.
„Entindividualisierung“ und „Entpersönlichung“ als Rassismus-Faktor
Das Problem geht aber noch tiefer. Sprache beeinflusst unser Denken, unsere Wahrnehmung und am Ende auch unser Handeln. Wenn man nicht mehr von den Menschen, sondern nur noch von Nationalitäten (oder Rassen) spricht, dann ist das gefährlich. „Entindividualisierung“ oder „Entpersönlichung“ sind Faktoren, die sich in verschiedenen Rassismus-Definitionen wiederfinden. In höchster Perversion haben das die Nazis praktiziert, wenn sie von „dem Juden“ gesprochen haben.
Natürlich ist man nicht gleich ein Rassist oder Nazi, wenn man im aktuellen Lilien-Kontext von „dem Griechen“ spricht. Wenn das gepaart ist mit Aufforderungen, doch endlich wieder zu verschwinden, wird es schon bedenklicher. Und ganz grundsätzlich ist ein wenig Sensibilität beim Sprachgebrauch auf jeden Fall angebracht.
Außerdem: Dimitrios Grammozis ist gebürtiger Wuppertaler.
Bildquellen
- Grammozis-Dimitrios: Arthur Schönbein