Eine intensive Zeit mit Veränderungen und Abschieden, aber auch neuen Gesichtern und zahlreichen spannenden, oft auch lustigen Begegnungen – die erste Hälfte des Jahres 2019 mit den Lilien aus der Perspektive des Lilienblogs. (Teil 2 gibt es hier)
Januar: Paukenschlag mit Sulu
Der Zeitpunkt kam überraschend, die Entscheidung hatte sich jedoch angedeutet: Kurz vor der Abreise ins Wintertrainingslager gaben die Lilien die Trennung von Mannschaftskapitän Aytac Sulu bekannt. Sulu habe um eine schnelle Trennung gebeten, damit er sich noch einmal eine neue sportliche Herausforderung suchen könne, hieß es. Nach der 2:6-Pleite beim SC Paderborn am Tag vor Heiligabend war klar gewesen, dass sich etwas verändern muss. Trainer Dirk Schuster stand noch nicht zur Disposition. Aber in der drittschwächsten Abwehr der Liga waren Einschnitte nötig.
Ablauf und Zeitpunkt ermöglichen beiden Seiten eine Trennung mit erhobenem Haupt: Sulu, Inbegriff der unglaublichen Erfolgsgeschichte der Lilien, blieb eine Degradierung erspart, dem Verein viel Unruhe. Zehn Monate später wird Sulu zum ersten Ehrenspielführer der Lilien-Geschichte ernannt. Im letzten Heimspiel des Jahres gegen den Hamburger SV erhielt er einen emotionalen Abschied von den Fans.
Februar: Pálssons Selbstgeißelung und Schusters Abgang
Es ist ziemlich ungewöhnlich, wenn ein Spieler darum bittet, dass man ihm im Interview bestimmt Fragen stellt – vor allem, wenn sie nicht zu seinem Vorteil sind. Doch genau das tat Winterneuzugang Victor Pálsson am Tag nach dem 1:1 gegen den SV Sandhausen. Über den Pressesprecher ließ er ausrichten, man möge ihn doch bitte nach seiner bisherigen Leistung fragen. „Meine Leistung hier in Darmstadt ist für mich nicht akzeptabel“, antwortete er dann, als die gewünschte Frage fiel. Er habe zu viele individuelle Fehler gemacht, die zu Gegentoren geführt hätten. „Das ist nicht normal für mich.“
Zu diesem Zeitpunkt war die Trennung von Trainer Dirk Schuster bereits beschlossene Sache. Das muss auch Schuster gewusst haben. Entsprechend emotional hatte er sich in Sandhausen von den mitgereisten Fans verabschiedet. Zwei Tage später wurde die Trennung offiziell – und sie verlief – allen Munkeleien über die tatsächlichen Gründe zum Trotz – in der Öffentlichkeit sauber und anständig.
März: Gala mit Mehlem, Drama um Jones
Es sah nach einem ganz bitteren Nachmittag aus: Beim Hamburger SV lagen die Lilien nach 15 Minuten 0:2 zurück. Doch nach einer halben Stunde stellte der neue Trainer Dimitrios Grammozis um, brachte für den offensiveren Joevin Jones den defensiveren Yannick Stark. Stark stabilisierte nicht nur die Defensive, sondern leitete mit einem genialen Pass auch den Anschlusstreffer ein, den ein glänzend aufgelegter Marvin Mehlem besorgte. Nach einer fulminanten HSV-Schlussoffensive wären die Lilien sicher mit einem Remis zufrieden gewesen. Doch in der Nachspielzeit gelang Mehlem noch der Siegtreffer.
Trotz des Jubels gab es auch eine traurige Figur: Joevin Jones. Der Flügelspieler aus Trinidad und Tobago verließ den Platz bei seiner Auswechslung ohne Handschlag beim Trainer, war sichtlich am Boden. Heimweh, Sprachprobleme, eine schwangere Freundin auf der anderen Seite des Atlantiks – all das setzte dem Spieler massiv zu, der noch im Vorjahr einer der Garanten für den Klassenerhalt gewesen war. Obwohl der Verein ihm viele Brücken baute, war er nicht zu halten. Noch vor Saisonende verließ er die Lilien wieder in Richtung USA.
April: Grammozis zeigt Mut und Platte trifft
Die verheerende Bilanz der Lilien gegen Köln (neun Niederlagen, zwei Unentschieden, kein Sieg) konnte Coach Dimitrios Grammozis nicht schrecken. „Dann habe ich ja nichts zu verlieren“, sagte er lachend vor dem Spiel – und dann etwas belächelt: „Natürlich fahren wir nach Köln mit dem Denken, da auch etwas mitzunehmen.“ Doch vom Anpfiff weg dominierte der Tabellenführer, erspielte sich Torchance um Torchance – und scheiterte entweder am eigenen Unvermögen oder an einem überragenden Lilien-Keeper Daniel Heuer Fernandes. In der Schlussphase stand es wie durch ein Wunder 1:1 – und Grammozis setzte nicht etwa auf Ergebnissicherung, sondern brachte Angreifer Felix Platte. Und Platte erzielte vier Minuten nach seiner Einwechslung auf Vorarbeit von Dursun den Siegtreffer. Für die Lilien bedeutet das den vorzeitigen Klassenerhalt. Kölns Trainer Markus Anfang kostet die Niederlage den Job. Trotzdem steigt der Verein am Ende in die Bundesliga auf.
Felix Platte schießt die Lilien zum Klassenerhalt gegen den 1. FC Köln
Mai: Abschied von Sirigu
Kein anderer Spieler aus dem aktuellen Kader war im Mai 2019 so lange im Verein wie Sandro Sirigu. Knapp sechs Jahre zuvor war er vom 1. FC Heidenheim zu den Lilien gekommen, war mit dem Verein bis in die Bundesliga auf- und danach auch wieder abgestiegen. Unter Dirk Schuster war der schnelle Flügelspieler im ersten Teil der Saison noch öfters zum Einsatz gekommen. Unter Grammozis spielte er kaum noch eine Rolle. Dass sein Vertrag nicht verlängert wurde, kam deswegen nicht überraschend. Seine Einwechslung im letzten Saisonspiel wird zum Gänsehaut-Moment, auch für ihn selbst. Was er aus der Zeit in Darmstadt mitnimmt? „Dieses Gefühl ‚Du musst kämpfen, es ist noch nichts verloren‘ bleibt in meiner DNA, das ist zu meiner Lebensweisheit geworden“, sagte er. Und ebenfalls in Darmstadt in seine DNA sei übergangen, „dass wir kräftig feiern können und auch mal ein, zwei Bier über den Durst trinken können“.
Juni: Frankes Irrwege und ein neues Lilienbuch
Wenige Wochen zuvor noch hatte er seinen Abschied Richtung Norwich City verkündet, um sich dort einen Traum zu erfüllen. So weit kam Marcel Franke jedoch nicht. Der Innenverteidiger, der innerhalb weniger Monate bei den Lilien zum Vize-Kapitän aufgestiegen war, heuerte zur neuen bei Hannover 96 an. Was für den Umschwung gesorgt hat? Vielleicht war das englische Oberhaus sportlich doch eine Nummer zu groß. Frankes gute Leistungen hat man bei den Lilien nicht vergessen. Die Begleitumstände und den etwas schalen Beigeschmack seines Abschieds auch nicht.
Und dann haben wir im Juni auch noch unser neues Saison-Buch fertiggestellt – von allen Büchern bislang die hochwertigste Ausgabe, die wir mit der Hilfe von Sponsoren trotzdem deutlich günstiger anbieten konnten als die Vorgänger – und zudem noch etwas Gutes tun konnten: Ein Euro pro verkauftem Exemplar geht an den Kiwanis Club Darmstadt, der sich für Kinder aus sozial benachteiligten Familien einsetzt.
Bildquellen
- D98-FCU-010: Arthur Schönbein
- D98-FCSP-2018-19-002: Arthur Schönbein
- 101-Sandhausen: Arthur Schönbein
- HSV-D98-03: Arthur Schönbein
- HSV-D98-02: Arthur Schönbein
- 05-April-Köln: Arthur Schönbein
- D98-AUE-2018-19-005: Arthur Schönbein
- DSC-D98-2018-19-005: Arthur Schönbein
- Wir-sind-die-heiner-02-blog: Arthur Schönbein
- RB2019-1: Fotos Arthur Schönbein, Montage Lilienblog