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Mit den Spielern lachen, aber auch hart sein können – im zweiten Teil des Lilienblog-Interviews erklärt Markus Anfang sein Selbstverständnis als Trainer. Er berichtet darüber, wie er den heutigen Bundestrainer Joachim Löw als Coach beim FC Tirol erlebt hat und erklärt, dass Harmonie und eine gesunde Streitkultur sich nicht ausschließen müssen.

Herr Anfang, Sie haben bei Ihrer Vorstellung gesagt, dass Sie die Mannschaft nicht in ein starres Korsett zwängen und bei der Taktik einbeziehen wollen. Wie viel Mitsprache haben die Spieler bei Ihnen?

Markus Anfang: Wir versuchen, viele Varianten ins System zu bringen. Die grundsätzliche Idee kommt von uns, ebenso wie die Raumbesetzung. Also ob wir zum Beispiel mit Dreier- oder Viererkette, Vierer- oder Fünfermittelfeld und ein oder zwei Stürmern spielen. Dann ist die Frage, welchen Spieler man in welchen Raum bekommt. Und da reden wir mit dem Spieler, wie er den Raum ausfüllen will und ob er sich darin wohlfühlt. Wir wollen die Spieler mitnehmen. Aber die Jungs bekommen natürlich klare Leitlinien. Wir sagen ihnen, was wir von ihnen erwarten.

Was sind Sie für ein Trainertyp? Autoritär? Demokratisch? Kumpel?

Markus Anfang: Ich glaube, als Trainer musst Du von allem etwas sein. Ich mag es, mit den Jungs zu flachsen. Die können auch mal über mich lachen. Ich kann auch über mich lachen. Aber wenn es um die Sache geht, entscheide ich. Und das haben die Spieler zu akzeptieren. Es kann sein, dass ein Spieler das mal nicht versteht und sich ärgert. Dann sage ich ihm: „Jetzt schimpf mal richtig auf den Trainer. Ich kann das total verstehen, dass es Dir so geht. Lass es einfach mal raus. Sag, dass der Trainer ein Arsch ist. Aber dann gehst Du raus und gibst wieder alles für die Mannschaft.“

„Spieler müssen mich nicht siezen, damit ich meine Autorität wahre“

Wie sollen die Spieler Sie anreden? Du Trainer? Sie Trainer? Oder vielleicht: Du Herr Anfang?

Markus Anfang: Ich kann super mit „Du Trainer“ leben. Wenn wir uns in einem Lokal sehen, können Sie das „Trainer“ auch weglassen (grinst). Die Spieler müssen mich nicht siezen, damit ich meine Autorität wahre. Sie sollten auch so merken, wo die Grenzen liegen.

Sie haben als Spieler viele Trainer erlebt. Die Standardantwort ist: Ich habe von jedem etwas mitgenommen. Aber gab es nicht doch einen, der Sie besonders geprägt hat?

Markus Anfang: Mein erster Trainer war Alex Ristic. Der war schon sehr speziell. Das war ein sehr autoritärer Trainer, eine andere Generation. Ich habe viel mitgenommen von Kurt Jara und Jogi Löw, die das auch zwischenmenschlich sehr gut gemacht haben. Das Fokussiert-Sein war bei Eric Gerets sehr ausgeprägt. Aber ich würde nie versuchen, einen Trainer zu kopieren. Der größte Lerneffekt war, wie ich als Spieler meine Trainer empfunden habe. Würde ich mit meinem Spieler heute so umgehen wie damals meine Trainer mit mir? Das, was ich als nicht gut empfunden habe, möchte ich meinem Spieler auch nicht geben. Das hat viel mit Menschlichkeit zu tun.

Wie Markus Anfang zu Harmonie und Streitkultur steht

Carsten Wehlmann, mit dem Sie in Kiel erfolgreich zusammengearbeitet haben, hat durchscheinen lassen, dass man sich gut mit Ihnen streiten oder zumindest reiben kann. Stimmt das?

Markus Anfang: Bis jetzt habe ich hier noch nie mit jemandem gestritten … (grinst). Aber ich glaube, das gehört dazu. Streitkultur klingt immer etwas negativ. Aber wenn das konstruktiv abläuft, dann ist es auch mal gut, dass man nicht gleich auf die Bremse tritt. Wir haben uns gerieben. Und wir reiben uns auch jetzt manchmal. Aber das ist nicht schlimm. Das ist gut, denn das bringt uns weiter.

Wie wichtig ist Ihnen Harmonie?

Markus Anfang: Ich glaube, es ist wichtig, dass man seine Arbeit gerne macht. Harmonie hilft dabei. Wenn sich ein Spieler wohlfühlt, gibt er ein paar Prozent mehr. Es wäre schön, wenn uns das hier gelingt. Das bedeutet aber nicht, dass man in einer Komfortzone lebt und sich ausruht.

 

Hier findet Ihr die anderen beiden Teile des Interviews mit Markus Anfang:

Teil 1 über die Kaderplanung der Lilien in Zeiten von Corona und einen möglichen Abgang von Serdar Dursun.

Teil 3 über Anfangs Aus in Köln und Dinge die weit wichtiger sind als Fußball.

Bildquellen

  • Anfang-04: Arthur Schönbein

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