Max Kohl hat beim Training des SV Darmstadt 98 in der Regel den besten Überblick. Auf dem Monitor des Steuergeräts kann er live mitverfolgen, welche Bilder die Drohne hoch über dem Spielfeld liefert. Seit dieser Saison kommt das Fluggerät zum Einsatz, wenn im Training Spielformen geübt werden.
Kohl ist 30 Jahre alt, hat Sportwissenschaften studiert. Seit mehreren Jahren arbeitet er als Jugendtrainer im Verein, trainiert derzeit die U12. Seit vergangener Saison ist er zudem in der Trainingsdokumentation und Videoanalyse tätig, wo er seit dieser Saison festangestellt ist. „Trainer Markus Anfang ist in den ersten Gesprächen schnell auf die Drohne gekommen, die er schon in Köln verwendet hatte“, sagt er. „Da hat man jemanden gebraucht, der sich darum kümmert. Und da das Begleiten der Einheiten per Video ohnehin schon mein Aufgabengebiet war, durfte ich den Drohnenführerschein machen.“ Der sei so ähnlich wie ein Autoführerschein – aber noch etwas umfangreicher, weil auch Meteorologie und Luftfahrtrecht dazukämen.
Besser als eine VHS-Kassette
Anfang erklärt dazu: „Die Drohne ist für uns Trainer ein Hilfsmittel, um den Jungs zu zeigen, welche Möglichkeiten wir haben. Sie bietet uns Bilder aus einer anderen Perspektive.“ Man könne den Spielern auch einzelne Szenen zuschneiden und zuschicken, um ihm bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen. „Zu meiner Zeit gab es da nur die VHS-Kassette, die man mitnehmen und selber zurechtspulen musste“, sagt der 46-Jährige lachend. „Das war eine andere Zeit.“
Dem Coach ist es wichtig, die Trainingsinhalte und seine taktischen Vorstellungen nicht nur verbal zu vermitteln – und damit erreicht er die Spieler. Braydon Manu etwa erklärte kürzlich im Lilienblog-Interview: „Wenn man Dir das nur sagt, was Du falsch machst, dann sagst Du: ‚Alles klar‘, aber hast es vielleicht gar nicht gecheckt. Aber wenn Du es siehst, ist das schon anders.“
Kohl spricht sich vor den Einheiten mit den Trainern ab, was sie gerne gefilmt hätten und worauf sie den Schwerpunkt legen wollen. „Und dann versuche ich, die Wünsche bestmöglich umzusetzen, damit der Coach dann das entsprechende Bildmaterial hat. Ich füge die Videodateien zusammen und tagge sie. Der Trainer hat dann nicht den ganzen Film, sondern nur bestimmte Szenen.“
Bei der Drohne handelt es sich um ein handelsübliches Modell, eine DJI Mavic Air 2, die etwa 1.000 Euro kostet. Die Akku-Laufzeit ist etwas besser als üblich, mehr als 25 bis 30 Minuten Flugzeit sind aber noch nicht drin. Auch deswegen muss man sich vorher auf bestimmte Trainingspassagen beschränken.
Abschießen oder zum Wake-Boarden mitnehmen?
Sicherheit wird beim Drohneneinsatz großgeschrieben. „Ich muss die Drohne vorher auf Funktionsfähigkeit prüfen“, sagt Kohl und fügt an: „Ich darf nicht bei jedem Wetter fliegen. Bei Regen und Nebel geht das gar nicht. Die meisten Drohnen sind nicht wasserdicht.“ Zu 100 Prozent könne man einen Absturz nie ausschließen, aber es gebe zahlreiche Sicherheitsmechanismen. „Ich habe die Drohne immer im Blick, sie hat zudem eine Hindernis-Erkennung, weicht Bäumen und Zäunen aus, sie hat einen 360 Grad Sensor und eine Rückkehrfunktion, wenn der Akku eine kritische Marke unterschreitet.“
Die Spieler haben sich schnell an die Beobachtung von oben gewöhnt. „Die Jungs flachsen manchmal, dass sie sie mal abschießen. Aber selbst da gibt es Ausweichfunktionen“, sagt Kohl. Manche Spieler seien aber auch sehr interessiert, haben schon selbst überlegt, sich eine zuzulegen. „Tobi Kempe zum Beispiel wollte sie zum Beispiel fürs Wake-Boarden mal mitnehmen“, verrät Kohl.
Ready for Take-off? Max Kohl und die Drohne beim SV Darmstadt 98
Bildquellen
- IMG_0630: Stephan Köhnlein
- MaxKohl2: Handout SV Darmstadt 98
- Kohl_Max: Handout SV Darmstadt 98