Dimo Wache redet nicht wirklich gerne mit den Medien – aber den Termin am Dienstag nimmt der Torwarttrainer des SV Darmstadt 98 mit Humor. „Ich bin nur hier, damit ich nicht bestraft werde“, sagt er zu Beginn mehrfach. Eine Anspielung auf eine legendäre Pressekonferenz des US-Football-Profis Marshawn Lynch. Dass Wache überhaupt wieder da ist und seinem Job nachgeht, grenzt an ein kleines Wunder.
Während seiner langen Profikarriere mit mehr als 400 Pflichtspielen für den FSV Mainz 05 hat der massige 1,94-Meter-Mann Raubbau mit seinem Körper betrieben. Das Ergebnis: Zwei künstliche Kniegelenke und ein versteiftes Sprunggelenk. Rund zweieinhalb Jahre ist er ausgefallen. Schmerzen, Rückschläge und immer wieder die Aussagen der Ärzte: Das wird nichts mehr.
„Ich hatte auch selbst ab und an das Gefühl, dass ich es nicht schaffe“, räumt er ein und fügt an: „Diese Zeit wünsche ich keinem: Wenn man mit 47 Jahren wieder laufen lernen muss, dann ist das nicht so angenehm. Da verzweifelt man teilweise auch.“
Grundsätzlich sei er ein Mensch, der gerne einen Plan B in der Tasche habe – auch bei seiner Karriere. „Doch diesmal hatte ich keinen in der Tasche. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt.“ Und er hat sich zurückgekämpft. Im Rehazentrum in Mainz-Mombach und mit Hilfe der Therapeuten hat er es geschafft. „Ich war in der Zeit sicher nicht so einfach“, sagt er. „Ich musste mich danach doch auch ab und an mal entschuldigen für das, was ich aus der Emotion heraus gesagt habe.“
Das legendäre Torwart-Tool des Dimo Wache
Seit Anfang 2013 ist Wache Torwarttrainer am Böllenfalltor. Damit ist er mit Abstand dienstältester Trainer im Staff des SV98. Er lotste Christian Mathenia zu den Lilien, erkannte das Potenzial von Michael Esser und Daniel Heuer Fernandes. Sein Erfolgsrezept: „Ich habe mir völlig unabhängig von allen Datenbanken und Scouting-Geschichten ein eigenes Tool gebaut habe“, sagt er.
Um dieses „Tool“ zu pflegen, habe er zuletzt viel Zeit gehabt. „Es ist wichtig, was man oben reinschmeißt, damit unten etwas Vernünftiges rauskommt – wie beim Thermomix“, sagt er. Das Wichtigste sei die Vision, welches Potenzial man ausschöpfen könne. „Es ist nicht so, dass ich eine Quote von 100 Prozent habe. Aber ich glaube, sie war ganz gut in letzter Zeit“, stellt er trocken fest.
Wer hinter diesem Tool eine ausgeklügelte Technik erwartet, wird jedoch enttäuscht. „Es ist eigentlich nur eine Excel-Datei, die ich für mich gefüttert habe.“ Um die Datei aktuell zu halten, müsse man sich natürlich sehr viele Fußball-Spiele ansehen. Definitiv mehr als 1000 Datensätze habe er so mittlerweile.
Dreikampf im Lilien-Tor
Für die neue Saison arbeitet Wache mit drei Torhütern bei den Lilien. Dass die letztjährige Nummer eins Marcel Schuhen auch kommende Spielzeit wieder im Tor steht, ist dabei keineswegs sicher. „Es ist ein Dreikampf“, sagt Wache mit Blick auf die Chancen der beiden anderen Keeper Morten Behrens (1. FC Magdeburg) und Steve Kroll (SpVgg Unterhaching). „Ich habe ihnen gesagt, was ich erwarte und dass alle Uhren auf null gedreht werden. Es liegt an jedem selbst.“
Große Stücke hält Wache dabei auf Behrens. Den 24-Jährigen bezeichnet er als „extrem talentiert, aber nicht mehr ganz jung“. Nach seiner Ausbildung beim Hamburger SV habe er sich gut weiterentwickelt und könne auch auf dem Feld extrem gut Fußball spielen. „Trotz seiner Größe sieht das nicht so grauenhaft aus wie bei mir damals“, sagt Wache. Behrens könne noch etwas mehr aus sich herauskommen. „Aber ich befürchte, das bekomme ich hin“, sagt Wache, ohne mit der Wimper zu zucken.
Bildquellen
- IMG_0947: Stephan Köhnlein
- Dimo-Wache-Torwarttrainer: Arthur Schönbein