Ein Kommentar von Lilienblog-Autor Frank Horneff zur Mitgliederversammlung des SV Darmstadt 98:
Persönlichkeiten markieren Wendepunkte. Und Verabschiedungen den Wandel. Bei der Mitgliederversammlung des SV Darmstadt 98 war es Alfred Krämer, der frühere Wella-Chef, dem der Verein nach fast zwei Jahrzehnten in führender Position im Verwaltungsrat des SV 98 für seine Arbeit mit der Ehrenmitgliedschaft dankte. Und vor allem war es an diesem Abend Hans Kessler, jetzt Ehrenpräsident des Vereins, der mit seinem Wirken und seinem Einsatz das Überleben des SV 98 gesichert hatte.
Ohne Krämer und ohne Kessler wäre der SV 98 nicht das, was er heute ist: Ein von Präsident Rüdiger Fritsch und seinem Team seriös geführter, solider Zweitligist, bei dem es auch sportlich läuft. Denn eine weitere Erkenntnis des Abends: Wohl selten bis nie gab es Ende Oktober bei einer Mitgliederversammlung so viel berechtigten Beifall für die Mannschaft. Dazu für Trainer Torsten Lieberknecht – und, ja, auch für Sportchef Carsten Wehlmann. Und auch das zurecht.
Leitbild für die Zukunft des SV Darmstadt 98
Die Lilien sind im Wandel. Äußeres Zeichen ist das gerade entstehende, neue Stadion am Böllenfalltor. Das wird sich nach Ende des Umbaus sehen lassen können und den Verein weiter konkurrenzfähig machen. Dazu Bilanzen mit Zahlen, die stimmen – und ein Leitbild, was die Mitgliederversammlung jetzt auf den Weg gebracht hat: Eine Selbstvergewisserung, wie der Verein draußen gesehen werden will und wofür er steht: Emotionale Heimat, Zusammenhalt und Tradition, die den Blick nach vorne nicht vergisst und nicht nur das Vergangene feiern will.
Ja, es ist richtig: Alles hat seine Zeit und jede Zeit verlangt eigene Antworten. Das neue Leitbild „Wir Lilien“ verzichtet auf den Zusatz „Aus Tradition anders“. Das ist kein Schaden, weil jeder, der die Lilie im Herzen trägt, weiß, wofür der Verein steht.
Nie vergessen, wo man herkommt
Doch vor allem für jene, die es erst seit dem Drittligaaufstieg 2011 oder den zwei jüngsten Bundesliga-Spielzeiten mit den Lilien halten, ist es gut, richtig und im einen oder anderen Fall auch nötig, die Werte des SV 98 in einem Leitbild festzuhalten. Aber auch jene, die einst schon in tristen Zeiten in Ober-Roden und Klein-Karben an der Seite der Lilien standen, wollen mitgenommen werden: Dass Vizepräsident Markus Pfitzner ankündigt, das Leitbild solle stetig weiterentwickelt werden, ist der richtige Weg, den es jetzt zu beschreiten gilt. Gemeinsam.
Es braucht den Zusatz „Aus Tradition anders“ tatsächlich nicht. Doch nie zu vergessen, wo man herkommt und stets zu wissen, wo man hingehört, um es mit Ehrenpräsident Hans Kessler zu sagen: Das ist, was am Böllenfalltor immer bedacht werden sollte. Auch künftig in den Business-Logen, wenn sie einst bezogen sind. Daran zu arbeiten bleibt Auftrag und Verpflichtung für jene, die nach Persönlichkeiten wie Alfred Krämer und Hans Kessler beim SV 98 auf der Kommandobrücke stehen. Jetzt. Und in Zukunft.
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Bildquellen
- Fahne_Lilien: Pixabay
Der Wegfall von „Aus Tradition anders“ ist nur logisch für einen Verein, der sich inzwischen leider kaum noch von anderen unterscheidet. Aber vielleicht kann man ja nur so im Profi-Fußball bestehen. Die Nische für die „Anderen“ ist schließlich schon besetzt mit St. Pauli oder Union Berlin.
Der SV Darmstadt 98 verabschiedet sich ja nicht von der Tradition. Am Millerntor, wo ich vor vielen Jahren regelmäßig zu Gast war, tragen heute die vielen neuen Logen zwar Namen wie „Störtebecker“, mit dem alten Stadion hat das aber nur noch wenig zu tun. Auf der Reeperbahn gibt es in bester Lage einen riesigen FC-St.-Pauli-Fanshop und auch politisch ist der Verein an vielen Punkten nicht mehr auf der Hafenstraßen-Linie. St. Pauli lebt da schon sehr stark von einem Image, was vor drei Jahrzehnten oder früher entstanden ist. Und bei Union ist sicher auch nicht alles anders, wie der jüngste Antisemitismus-Vorfall gezeigt hat.
Sehe ich auch so.