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Aberglaube und Ansprechpartner, Duzen und (Un)Parteilichkeit, ein Mann als Geschenk, ein echter Sonntagsschuss, ein stiller Held und der Aufstieg als mögliches Nebenprodukt, die Woche mit dem SV Darmstadt 98 aus Sicht von Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein.

Dienstag

Interview mit Thomas Isherwood (gesprochen Ischerwudd, nicht Eischerwudd, liebe Sky-Reporter). Noch ohne gelbe Karte war der Schwede bis zu diesem Zeitpunkt ausgekommen. Wir hätten es nicht beschreien sollen. Im nächsten Spiel war die Statistik dahin.

Thomas Isherwood, FC Erzgebirge Aue - SV Darmstadt 98

Bis vor dem Regensburg-Spiel noch ohne gelbe Karte – Thomas Isherwood

Mittwoch

Übergangskoordinator Pascal Pellowski stellt sich erstmals einer Medienrunde. Angenehm und reflektiert im Gespräch, das ungefähr doppelt so lange dauert, wie eine Medienrunde mit einem aktiven Spieler. Pellowski (inzwischen 33 Jahre alt) stammte aus der Jugend des SV Darmstadt 98, schaffte es in seiner Karriere aber nie bis in die oberen Ligen. „Ich hätte einen gebraucht, der sich um mich kümmert“, sagt er auf die Frage, was ihm geholfen hätte weiterzukommen. Einen solchen Fixpunkt für junge Spieler habe es zu seiner Zeit nicht gegeben. Nun soll er genau das bei den Lilien anders machen. Die Geschichte folgt in den kommenden Tagen im Lilienblog.

Donnerstag

Halbstündiges Einzelinterview mit Torsten Lieberknecht (folgt im Lilienblog in den kommenden Tagen). Am Ende dann der Satz: „Ich bin übrigens gerne der Torsten, wenn das für Sie okay ist.“ Das ist schön und selbstverständlich okay im privaten Kontext und bei Gesprächen unter vier Augen oder im kleinen Kreis.

Bei Pressekonferenzen und anderen Events mit Publikum ist es jedoch etwas anders. Gerade im Fußball stehen örtliche Journalisten oft im Ruf, verkappte Fans zu sein und damit keine kritische Distanz zum Verein zu haben. Und wenn man den Trainer öffentlich duzt, wirkt das oft sehr kumpelhaft.

Torsten Lieberknecht, SV Sandhausen - SV Darmstadt 98

Der Torsten bei den Fans

Pauschale Urteile sind da nicht angebracht. Aber der Vorwurf, dass lokale Journalisten parteiisch seien, wird immer wieder geäußert – vor allem, wenn jemandem die Berichterstattung nicht passt. Der Lilienblog und ich ganz persönlich haben das sehr unangenehm gerade im Zusammenhang mit dem Anfang-Wechsel erlebt. Nochmals: Der Lilienblog versteht sich als unparteiisches journalistisches Medium, ist nah am Verein und der Mannschaft, um gut informiert zu sein, aber unabhängig in der Berichterstattung.

Wenn man auf die Lilien-Trainer der vergangenen Jahre blickt, so hielt es jeder anders mit der Anrede. Bei Dirk Schuster traute sich nur ein alteingesessener Journalist, ihn zu duzen und wurde dafür auch zurückgeduzt. Sonst war das „Sie“ für beide Seiten der Standard. Bei Dimitrios Grammozis erhielt genannter Journalist jedoch eine Abfuhr, der Coach machte sehr deutlich, dass er das „Sie“ wünsche.

Torsten Frings dagegen drängte einen Journalisten sogar einmal in einer Pressekonferenz dazu, ihn zu duzen, weil man sich schon so lange kenne. Mit Markus Anfang, der sich immer sehr nahbar gab, waren einige Journalisten per Du – aber nicht alle.

Freitag

Eine launige Pressekonferenz mit Torsten Lieberknecht. Der Coach erzählt von seinen kuriosen Erlebnissen in Regensburg und vom Weihnachtsfest bei der Familie: „Ich bin das Geschenk für meine Familie“, sagt er augenzwinkernd. Mit Blick auf die letzte Partie des Jahres in Regensburg und den Ausfall von Luca Pfeiffer erwägt der Coach eine Umstellung in der Grundaufstellung auf einen Stürmer. Doch es kommt anders.

Sonntag

Als Tobias Kempe in der Nachspielzeit abzieht, denke ich „Der geht doch weit vorbei“ und wende den Blick ab. Doch der Ball beschreibt eine unglaubliche Kurve in der Luft und schlägt im Kasten ein. Ein echter Sonntagsschuss und der Lohn für eine starke Leistung des Routiniers.

Bemerkenswert vor allem aber die Aussagen von Torsten Lieberknecht nach dem Spiel: Marvin Mehlem, der nicht zum Einsatz kam, sei für ihn der eigentliche Held. Der Mittelfeldspieler habe ihm vor dem Spiel ganz ehrlich gestanden, dass er sich nach seiner langen Verletzung noch keinen Startelf-Einsatz zutraue. So blieb die Grundordnung doch bestehen. Statt Luca Pfeiffer spielte Aaron Seydel im Sturm.

Erstmals sprach der Coach zudem vom Aufstieg: „Es ist natürlich schwierig, um dieses Thema herumzureden“, sagte er bei Sky angesichts von Rang zwei nach der Hinrunde. Das Wichtigste sei für ihn jedoch, dass es in Darmstadt eine Mannschaft gebe, mit der sich die Menschen identifizieren könnten und der man gerne zusehe. „Alles andere wird dann ein Nebenprodukt sein, das du unter Umständen irgendwann mal nicht mehr aufhalten kannst“, sagte Lieberknecht.

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Bildquellen

  • AUE-SVD-2021-22-blog-0046: Arthur Schönbein
  • SVS-SVD-2021-22-0047: Arthur Schönbein
  • SVD-OSN-2019-20-sonstiges-004: Arthur Schönbein

4 Kommentare

  • Frank Hofmann sagt:

    Guten Morgen Herr Köhnlein.

    Es trifft den Nagel auf den Kopf.

    Nur wenige Journalisten haben das Talent und den Willen eigene Recherchen und Meinungen zu veröffentlichen. Auch wenn man mal daneben liegen kann.

    Die überwiegende Zahl der modernen Medienschaffenden greift unreflektiert gerne zu vorgefertigten Presseerklärungen von Lobbyverbänden, Pressevertreter aus Vorstandsetagen, oder muß auf Anweisung vom Verleger den Monopüolist und Global Player „Reuters“veröffentlichen. Leicht verdientes Geld. Würde man das selbst auch so machen, oder ist man dem Ruf verpflichtet Fragen zu stellen, nach Antworten zu suchen?

    Sinkende Abbonementzahlen in der Branche deuten auf ein Abstimmen mit den Füßen ab! Das aber wollen Verleger nicht wahr haben. Verleger beugen sich zunehmend dem Druck der politischen korrektheit. Manch großes Medienhaus ist längst der verlängerte Arm seiner Investoren, die man als Global Player kennt. Diejenigen die man kritisch hinterfragen soll, sind nun die Chefs des Hinterfragenden.

    Der freie Lilienblog ist hier eine erfrischende Ausnahme. Bürgerjournalismus ist die Alternative und hat Zukunft. Bitte bleiben Sie unabhängig und scheuen sich nicht unbequeme Fragen zu stellen, eine Meinungsbildung in Gang zu setzen, Dinge die man nicht gerne sieht sichtbar zu machen. Emotionen ihrem Lauf zu lassen. Und einen vorhandenen Spaßfaktor – zum Beispiel ein Interview mit einem Trainer der besonderen Art wie er nun mal in TL lebt – sachlich unter die Leser zu bringen.

    Ich freue mich schon auf die nächsten Artikel auf dem Lilienblog.

  • Jürgen sagt:

    „Eischerwood“ war nicht der einzge Fauxpas des Kommentators beim Regensburg-Spiel. Wo rechts und links ist (in diesem Fall bei Emir Karic) kann man als Fernehjournalist wohl schon wissen …

    • Stephan Köhnlein sagt:

      In der Tat, der Sky-Reporter war mit Abstand schwächste Mann bei dem Spiel. Es war auch nicht die Torpremiere für Karic. Und allgemein hatte ich manchmal das Gefühl, er kommentiert nicht das Spiel, das ich gerade sehe.

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