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Lieberknecht: Weit weg von der Wohlfühlzone

Torsten Lieberknecht, FC Schalke 04 - SV Darmstadt 98

Torsten Lieberknecht, FC Schalke 04 - SV Darmstadt 98

Torsten Lieberknecht hat im ersten halben Jahr beim SV Darmstadt 98 viel erreicht – und sieht trotzdem noch reichlich Luft nach oben. Im ersten Teil des großen Lilienblog-Interviews spricht er unter anderem darüber, wie er eine leistungsfördernde Atmosphäre für alle Spieler schafft, verrät, was ihm wichtiger als der Tabellenplatz ist, und zerstreut Sorgen, dass die anstehende zweite Halbserie ähnlich schlecht wird wie zuletzt in Braunschweig oder Duisburg. 

Herr Lieberknecht, kennen Sie eigentlich die TV-Serie „Ted Lasso“?

Nein, die kenne ich nicht.

Es geht um einen amerikanischen Trainer, der ein mittelmäßiges englisches Fußball-Team übernimmt. Sein Hauptaugenmerk liegt darauf, dass die Spieler sich wohlfühlen und so entsteht dort unter anderem ein großer Teamgeist. Welche Rolle spielt der Wohlfühlfaktor denn bei Ihrer Arbeit?

Du brauchst ein ordentliches Umfeld, um neben der Teamqualität auch den einzelnen in seiner Leistung zu fördern. Mein Credo ist, dass wir eine Atmosphäre schaffen, in der man mit Spaß zum Training kommt und gerne zusammen arbeitet, die aber vor allem auch leistungsfördernd ist. Das merkt man der Mannschaft an. Mit Blick auf den Konkurrenzkampf geht die Mannschaft sehr professionell und respektvoll miteinander um.

Mussten Sie in Darmstadt denn auch schon mal einen Spieler aus der Wohlfühlzone herausholen und ihm einen Tritt in den Hintern verpassen?

Ich bin weit weg von dem Begriff Wohlfühl- oder Komfortzone. Es geht mir um eine leistungsfördernde Atmosphäre. Ich will auch die Jungs mitnehmen und wertschätzen, die weniger im Fokus stehen. Die Gruppe dynamisch zu halten – das ist eher mein Thema. Es gab hier jedenfalls noch keinen, der sich zurückgelehnt hat und den ich davon befreien musste.

Wie sieht denn Ihre Bilanz nach dem ersten halben Jahr in Darmstadt aus?

Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, dass wir eine homogene, nahbare Mannschaft haben, die einen Fußball zeigt, mit der sich jeder identifizieren kann – vor allem die Fans. Auch wenn die Hinrunde plus der erste Rückrunden-Spieltag jetzt vorbei sind, ziehe ich aber keinen Schlussstrich unter die erste Zeit. Das ist vielmehr ein fließender Übergang in die lange Serie mit 16 Spieltagen, die im neuen Jahr noch ansteht.

Darmstadt steht in der Spitzengruppe der Liga. Sie sagen ja immer wieder, dass Sie nicht auf den Tabellenplatz gucken, sondern auf die Punkte. Hätten Sie mit dieser Punktzahl gerechnet?

Ich glaube, dass man das nicht erwarten konnte. Mit Blick auf die Stärke der Liga ist unsere Punktausbeute hervorragend. Vor allem nach dem schwierigen Start konnte man nicht damit rechnen. Es ist auf jeden Fall eine gute Basis für den zweiten Teil der Saison.

Nach dem Sieg in Regensburg haben Sie erstmals eingeräumt, dass es zunehmend schwieriger werde, um den Aufstieg herumzureden. Wo sehen Sie denn noch Luft nach oben für den zweiten Teil der Saison?

Noch mehr taktische Flexibilität in den Grundordnungen, wobei wir uns da schon gesteigert haben. Dazu ein noch größeres Repertoire bei Standards. Beim Konterspiel gibt es auch noch Luft nach oben. Auch beim Positionsspiel kann man noch das eine oder andere festigen. Unser Kader gibt eine gewisse Variabilität her. So können wir auch mal nur mit einer Sturmspitze und einem stärkeren Mittelfeld spielen. Die Dreierkette wäre auch noch ein Thema, aber das probieren wir im Moment vor allem im Training.

Das klingt nach einer Menge Arbeit …

Ja, das hört sich nach viel an. Aber du kannst Dich in jeder Phase des Spiels verbessern.

Die vergangenen drei Rückrunden für den Trainer Torsten Lieberknecht liefen nicht gut: in der 2. Liga mit Braunschweig und Duisburg auf die Abstiegsplätze gerutscht, mit Duisburg in der 3. Liga nach der Herbstmeisterschaft den Aufstieg verpasst. Was gibt Hoffnung, dass es in Darmstadt anders wird?

Der genauere Blick auf das Ganze (lacht). Natürlich gab es die beiden ernüchternden Momente mit den Abstiegen. Aber was davor und danach kam, war meistens Aufstiegskampf. Und da gibt es Höhen und Tiefen. In der Regel waren das immer Topsaisons, die am Ende mit drei oder vier schlechten Spielen bei der öffentlichen Bewertung ins Negative umgeschlagen sind. In der 3. Liga mit Duisburg zum Beispiel haben wir die Erwartungen vor der Saison übertroffen, dann aber hat uns Corona mit dem kleinen Kader zurückgeworfen. Das soll keine Entschuldigung sein, aber mit zwölf gesunden Spielern elf Spiele in wenigen Wochen zu bestreiten, war schon hart.

Im zweiten Teil des Interviews, der am Freitag erscheint, spricht Torsten Lieberknecht unter anderem über vorhandenes und künftiges Personal, über Härtefälle und Radarfallen.  

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Bildquellen

  • S04-SVD-2021-22-blog-0001b: Arthur Schönbein
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