Braydon Manu erobert den Ball und setzt Marvin Mehlem in Szene. Doch statt direkt aufs Tor zu gehen, bricht Mehlem ab und verliert schließlich den Ball. Die Szene aus der ersten Halbzeit der Partie gegen Fortuna Düsseldorf hat einen gewissen Symbolcharakter für das Spiel des 25 Jahre alten Mittelfeldspielers. Oft fehlt der letzte Biss, das unbedingte Wollen mit dem entscheidenden Zug zum Tor – und womöglich auch ein Schuss körperliche Robustheit.
Am Bemühen liegt es bei dem 1,74-Meter-Mann nicht. Gegen Düsseldorf hatte Mehlem laut Daten des „kicker“ mit 11,46 Kilometern die höchste Laufleistung aller Lilien-Spieler. Er hatte Pech, dass sein Tor in der Anfangsphase wegen einer hauchdünnen Abseitsstellung von Vorlagengeber Patric Pfeiffer nicht gegeben wurde. Und in der zweiten Halbzeit scheiterte er knapp am Düsseldorfer Keeper. Aber auch hier fehlte eben jedes Mal ein bisschen.
Hohe Anlagen, fehlende Konstanz
Nun geht es gegen den Karlsruher SC – für Mehlem eine besondere Partie. Er ist gebürtiger Karlsruher, durchlief dort die Jugendmannschaften und wechselte 2017 im Alter von 19 Jahren zum SV Darmstadt 98. In den mittlerweile gut fünf Jahren am Böllenfalltor hat Mehlem sein großes Können immer wieder aufblitzen lassen. Über eine längere Dauer abrufen konnte er es nur selten.
In seiner ersten Spielzeit bei den Lilien gehörte er unter Torsten Frings zu den Lichtblicken. Unter Frings‘ Nachfolger Dirk Schuster hatte er es zeitweise sehr schwer. Kurz nach der Amtsübernahme von Dimitrios Grammozis zeigte Mehlem beim 3:2-Auswärtssieg gegen den Hamburger SV sein wahrscheinlich bestes Spiel im Lilien-Trikot, als er mit zwei Toren maßgeblich dazu beitrug, dass die Lilien nach einem 0:2-Rückstand noch als Sieg vom Platz gingen. Doch am Ende von Grammozis‘ Amtszeit gehörte er zeitweise nicht mehr zum Kader.
Die Saison unter Markus Anfang war bislang Mehlems konstanteste beim SV Darmstadt 98. 32 Pflichtspiele bestritt er, erzielte fünf Tore. Doch am vorletzten Spieltag zog er sich in der Partie gegen Heidenheim eine Absplitterung im Kniegelenk zu. Er wurde operiert, fiel fünf Monate aus.
Was Marvin Mehlem noch braucht
Und die Nachwirkungen der Verletzung halten bis heute an. Vor der Partie gegen Regensburg kurz vor Weihnachten 2021 bat er Trainer Torsten Lieberknecht darum, nicht in der Startelf spielen zu müssen, weil er sich noch nicht bereit dafür fühle. In 20 Einsätzen in der vergangenen Saison gelang ihm kein Treffer.
In der laufenden Spielzeit stehen immerhin schon zwei Treffer und zwei Vorlagen auf Mehlems Konto, der mittlerweile fast ausschließlich auf seiner Wunschposition im offensiven Mittelfeld zum Einsatz kommt.
Doch Lieberknecht räumte kürzlich nach den schwächeren Auftritten seines Spielers gegen Kaiserslautern und Nürnberg auch ein, dass Mehlem nach seiner langen Verletzung erst wieder ein Rhythmus-Gefühl für eine lange Saison bekommen müsse.
Lange galt Mehlem als großes Talent, dem man Zeit geben müsse. Nach 151 Zweitliga-Einsätzen muss der 25-Jährige jetzt jedoch den nächsten Schritt tun, zeigen, dass er eben kein ewiges Talent ist und sich für die Mannschaft unersetzbar machen. Die Anlagen dafür hat er.
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- 016: Arthur Schönbein
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