Einwurf: Intimsphäre

Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein über Gesundheit und Privatsphäre bei Fußballern im Angesicht der Verletztenmisere beim SV Darmstadt 98:

Braydon Manu hat diffuse Muskelprobleme. Bei Klaus Gjasula schmerzt es seit längerem im Leistenbereich. Und Matthias Bader musste sich einer Not-Operation am Unterleib unterziehen. Klingt alles etwas vage? Stimmt! Haben die Anhänger des SV Darmstadt 98 aber deswegen einen Anspruch auf nähere Informationen? Schließlich tragen sie (zumindest ein Teil von ihnen) mit Tickets oder dem Kauf von Fanartikeln zum Einkommen der Spieler bei. Die Antwort lautet: Nein!

Wenn sich ein Arbeitnehmer krank meldet, erfährt der Arbeitgeber die Diagnose auf der Krankmeldung nicht und hat auch kein Anrecht darauf, sie gegen den Willen des Arbeitnehmers zu erfahren. Das hat gute Gründe, dient es doch zum Schutz der Erkrankten: Denn bestimmte Diagnosen können nach wie vor zur Stigmatisierung der Betroffenen führen oder zumindest Anlass für Klatsch und Tratsch geben.

Fußballer sind zwar als Angestellte des Vereins auch Arbeitnehmer. Aber zugleich gelten sie als Personen des öffentlichen Lebens, womit sie gewisse Einschränkungen ihrer Privatsphäre hinnehmen müssen. Trotzdem müssen auch Fußballer nicht ihr gesamtes Privat- oder sogar Intimleben offen legen. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang definiert, dass das öffentliche Interesse an Informationen aus der Privatsphäre (nicht aber aus der Intimsphäre) einer Person berechtigt ist, wenn der Betroffene prominent ist oder öffentliches Aufsehen erregt.

Mit der – manchmal etwas vagen – Lokalisierung der Beschwerden und einer vorsichtigen Abschätzung der Ausfalldauer bei einem Spieler ist dem öffentlichen Informationsinteresse Genüge getan. Zumindest bei Gjasula und Bader befinden sich die Gründe für ihren Ausfall auch körperlich ziemlich eindeutig im Intimbereich. Detailliertere Beschreibungen oder Diagnosen sind aber nicht nur in diesen Fällen vor allem eines: Voyeurismus.

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