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Im fünften Teil unserer Serie zur Geschichte des SV Darmstadt 98 geht es um die Zeit im Zweiten Weltkrieg und den Neubeginn danach.

Im Zweiten Weltkrieg wurden zwischen 1940 und 1945 insgesamt 1.572 Luftangriffe auf Darmstadt geflogen. Beim Angriff in der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944 wurde die Innenstadt zu 80 Prozent zerstört. Es gab 10.541 Todesopfer und 3.749 Verletzte. 70.000 Einwohner wurden obdachlos. Lebten am 01.09.1944 noch 115.211 Menschen in Darmstadt, waren es am 01.03.1945 noch 51.750. Der von Deutschland angezettelte Krieg und die Zerstörungswut der Nationalsozialisten wurden in schrecklichen Ausmaß quittiert. (Auch) die Darmstädter Bevölkerung musste unter unermesslichem Leid die Rechnung bezahlen.

„Den Grundsatz der Gleichheit und Menschlichkeit hochhalten“

In den Nachkriegsjahren äußerte sich der langjährige Vereins- und spätere Ehrenvorsitzende Dr. Karl Grünewald immer wieder mit den Worten, dass er über das Dritte Reich und das erfahrene Leid nie mehr sprechen wolle. Deutlicher wurde der Alt-98er Johann Sebastian Dang in seiner viel beachteten Festrede zum 50. Jubiläum: „Da bleibt das historische Verdienst Adolf Hitlers, dass er diese echten Gemeinschaften zerschlagen wollte zugunsten seiner verlogenen Volksgemeinschaft, die sich auf der Angst des einen vor dem andern aufbaute. Dem Manne, zu dem der Bub (gemeint ist J.S. Dang, d. Verf.) inzwischen herangewachsen war, blieb – weil er das rechtzeitig erkannt hatte – damals in diesem historischen Augenblick nicht anderes übrig, als seine Mitgliedschaft zu unterbrechen und auf eine Zeit zu warten, in der die Gemeinschaft wieder frei sein würde von dem politischen Zwang der verlogenen Volksgemeinschaft. Dass die Vereine diesen Angriff, der im Grunde gegen ihr Leben ging, überstanden haben, zeugt von ihrer festen Verwurzelung in der echten Gemeinschaft und von ihrer inneren Gesundheit. […] Ich […] möchte behaupten, dass die Sportvereine ihrer schönen Aufgabe, eine echte Gemeinschaft zu sein, dann am besten gerecht werden, wenn sie sich nicht vor einen bestimmten politischen Wagen spannen lassen, sondern den Grundsatz der Demokratie, d.h. der Gleichheit und Menschlichkeit, hochhalten“.

Wiederzulassungsurkunde des SV Darmstadt 98

Wiederzulassungsurkunde des SV Darmstadt 98

Spiele zunächst im Hochschulstadion

Am 05. September 1945 wurde dem SV 98 von der örtlichen Militärregierung die Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit gestattet. Nach dem Krieg spielte der SV 98 zunächst im Böllenfalltor- und 1947-1948 im Hochschulstadion, da ersteres ab 1946 von den Amerikanern beschlagnahmt und für Baseballspiele genutzt wurde. Zudem pflegten diese das Stadion nicht besonders, so dass es sich Anfang der 50er Jahre in keinem besonders guten Zustand befand. Das Hochschulstadion bot etwa 15.000 Zuschauern Platz. Hier wurde der SV 98 1949/50 sensationell hessischer Meister und stieg in die Oberliga, die damals höchste deutsche Spielklasse, auf. Nach einem Jahr stieg man leider aber auch wieder ab. Trotzdem waren die Spiele im Hochschulstadion Matches vor einem begeisterten, lautstarken Publikum, bei bester Stimmung. Das Stadion erwies sich bei einer Kapazität von knapp 15.000 Plätzen aber schnell als zu klein.

Pläne für eine Arena mit 40.000 Zuschauern

Anfang der 50er Jahre wurden die Bemühungen verstärkt, das Böllenfalltorstadion wieder zurück zu bekommen und umbauen zu dürfen. Nach viel Mühe und nicht zuletzt vorsichtigen Demonstrationszügen der Vereinsjugend wurde das Stadion zur sportlichen Nutzung zurückgegeben und renoviert. Zunächst wollte man ein Stadion für 40.000 Zuschauer bauen. Da hierfür letztlich doch das Geld fehlte wurde die geplante Kapazität auf zunächst 25.000 reduziert. Das Stadion entstand in neuem Glanz, so dass am 29. Juni 1952 Einweihung gefeiert werden konnte. Wenige Monate später wurde die neue Laufbahn eingeweiht. Der Aus- und Umbau kostete damals ca. 315.000 DM, die neue Sitztribüne bot 2.000 Zuschauern Platz.

In dieser Form blieb das Stadion viele Jahre bestehen. Zwischendurch erfolgten Reparaturen (wie der notwendige Austausch des baufälligen Tribünendaches). Größere Baumaßnahmen erfolgten 1975 durch Neubau einer multifunktionalen Haupttribüne mit 4.000 Sitzplätzen und 1978 durch Aufstockung der Gegengeraden auf eine Gesamtkapazität des Stadions mit 32.000 Plätzen. In dieser Form blieb es dann wieder viele Jahre bestehen, bis als Folge der Wiederaufstiege in die 2. und 1. Liga 2014 und 2015 der Einbau einer Rasenheizung und überdachter Tribünen in der Nord- und Südkurve erfolgten. Seit Mai 2018 wird das Stadion komplett umgebaut, die Umbauarbeiten werden im Sommer dieses Jahres abgeschlossen sein.

Merck-Stadion am Böllenfalltor, 20.11.2019

Errichtung der neuen Gegengerade im Merck-Stadion am Böllenfalltor, 20.11.2019

Thomas Spengler und Mignon Löffler-Ensgraber beleuchten für den Lilienblog in einer siebenteiligen Serie die Geschichte des SV Darmstadt 98.

In Teil 6 geht es um die größte Krise in der Vereinsgeschichte.

Alle Beiträge auf einen Blick:

(korrigierte Version, Jahr der Brandnacht in 1944 geändert)

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Bildquellen

  • Urkunde20_VHR: Vereinshistorisches Referat des SV Darmstadt 98
  • IMG_9704: Stephan Köhnlein/Lilienblog

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