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Wie Oscar Vilhelmsson langsam ankommt

Nach der schweißtreibenden zweiten Trainingseinheit des Tages ist Oscar Vilhelmsson froh, dass er die Fragen der Journalisten im Schatten des Karl-Grünewald-Heims am Rande des Platzes beantworten kann. Aufgeräumt wirkt der 19 Jahre alte Schwede und scherzt sogar das eine oder andere Mal. „Ich fühle mich viel stärker diese Saison“, sagt er.  

Vilhelmsson hat ein hartes Jahr hinter sich. Dabei hatte es beim SV Darmstadt 98 so gut begonnen. Kurz vor Beginn der vergangenen Saison war er vom IFK Göteborg zu den Lilien gestoßen. Am dritten Spieltag gelang dem damals dem Blondschopf mit einem Lupfer gegen Braunschweig das Tor des Tages. Die Leserschaft des Lilienblogs wählte ihn dafür zum Spieler des Spieltags.

Nicht nur die Verletzungen waren ein Problem

Doch auf den furiosen Start folgte eine lange Durststrecke. Immer wieder warfen ihn Verletzungen zurück. Das belastete zusätzlich zu den Herausforderungen in dem neuen Land mit der fremden Sprache, wo er fernab seiner Familie zum ersten Mal auf sich allein gestellt war. „Meine Familie hat sich immer sehr gut um mich gekümmert. Und plötzlich war ich hier allein, musste kochen, putzen und abspülen. Das war eine ziemliche Umstellung“, sagt er.

Gerade die Ernährung war ein Problem bei dem 1,88 großen, aber eher schmächtigen Teenager, wie Trainer Torsten Lieberknecht verrät. „Ich glaube, seine Mutter hat für ihn in Schweden siebenmal am Tag essen gemacht. Hier war er dann ein bisschen unterernährt“, sagte er augenzwinkernd. Doch inzwischen habe der Spieler massiv aufgeholt, auch in der Sommerpause an sich gearbeitet und in allen Bereichen viel investiert.

„Ich habe Gewicht und Muskeln zugelegt“, sagt Vilhelmsson. Er könne mittlerweile auch ganz ordentlich kochen, habe sogar Spaß daran. Lieblingsspeise? „Frag mich am besten beim nächsten Interview“, sagt er nach kurzem Überlegen schmunzelnd. Wie es mit der bei Sportlern so beliebten Pasta aussieht? „Ja, vielleicht“, antwortet lachend. Aber auch sonst hat Vilhelmsson nach eigener Aussage das neue Leben gut in den Griff bekommen. „Ich bin angekommen“, sagt er. „Es fühlt sich inzwischen gut und normal an, jeden Tag hierher zu kommen.“

Oscar Vilhelmsson (vorne links) setzt sich gegen die Leverkusener Abwehr im Luftkampf durch – Thomas Isherwood schiebt von hinten noch ein bisschen an

Sportlich läuft es für den Schweden ganz gut. Gegen Leverkusen gelang ihm sein erstes Bundesliga-Tor. Dabei gab er eine Kostprobe seiner neuen Robustheit, als er sich im Luftkampf gegen die Bayer-Abwehr durchtankte. Anschließend reiste er nach Schweden, wo er in der U21-Nationalmannschaft debütierte. Trotz des 0:1 gegen Nordmazedonien sei es eine gute Erfahrung gewesen. Er hoffe auf weitere Spiele und darauf, dass es beim nächsten Mal besser wird.

Besser soll es auch bei den Lilien laufen, die bislang alle vier Pflichtspiele der Saison verloren haben. „Wir wussten, dass es schwer werden wird, als wir aufgestiegen sind“, sagt er. „Aber wir sind ein gutes Team, haben einen guten Zusammenhalt. Deswegen ist das kein Problem. Wir arbeiten weiter.“ Natürlich werde jedes Spiel schwer – auch das nächste Heimspiel am Sonntag gegen Gladbach. „Aber letztes Jahr haben wir gegen die im Pokal gewonnen. Nichts ist unmöglich.“

Bislang in allen vier Pflichtspielen im Einsatz

Konkrete persönliche Ziele setzt sich Vilhelmsson nicht. „Nehmen wir an, ich würde mir eine bestimmte Zahl von Toren zum Ziel setzen. Wenn ich das übertreffe, dann war es schlecht gewählt. Und wenn ich es nicht erreiche, fühle ich mich auch schlecht“, sagt er und fügt an. „Es geht ganz gut ohne konkrete Ziele. Ich nehme es, wie es kommt.“

Die Rückendeckung des Trainers hat er auf jeden Fall. In jedem der vier Pflichtspiele kam er zum Einsatz, stand zweimal in der Startelf. „Ich bin überzeugt von ihm“, sagt Lieberknecht. Vilhelmsson habe viele Facetten, sei schnell und könne mit beiden Füßen abschließen. Nun gehe es darum, dass er weiter Spielerfahrung sammele und noch präsenter werde. Aber er sei auf jeden Fall reifer geworden.

Bleibt nur noch die Sprache. „Ich spreche ein bisschen Deutsch, aber nicht so viel“, sagt er. Das Verständnis sei gut, aber beim Sprechen müsse er noch etwas üben. Zweimal die Woche hat er Sprachkurse – auch mit Neuzugang Fraser Hornby. „Vielleicht können wir das nächste Interview ja dann auf Deutsch führen“, sagt er schmunzelnd. „Das war alles“, frag er zum Abschluss, bedankt und verabschiedet sich freundlich und zieht dann als letzter Spieler am Platz den Anhänger mit Trainingsgeräten ins Vereinsgebäude.

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Bildquellen

  • b04-SVD-2023-24-lilien-blog-0015a: Arthur Schönbein
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