Beim Rückblick auf das Jahr 2023 des SV Darmstadt 98 kann die Kirsche nicht fehlen – und das paradoxerweise, weil sie eben fehlt. Auch nach mehr als einem halben Jahr ist es noch ein Reizthema, dass die Mannschaft nach dem am 33. Spieltag perfekt gemachten Aufstieg für drei Tage nach Mallorca flog, dann ihr letztes Spiel 0:4 bei Greuther Fürth verlor und damit die Zweitliga-Meisterschaft aus der Hand gab. „Scheiß auf die Kirsche! Wir haben die ganze Torte Bundesliga!“, rief Vereinspräsident Rüdiger Fritsch den Fans bei der Aufstiegsfeier am Karolinenplatz zu. Ein Ausspruch, der einigen bis heute aufstößt.
Ob der für seine flotten Sprüche bekannte Lilien-Präsident den Satz heute so noch einmal wiederholen würde, sei einmal dahingestellt. Was er damit gemeint hat, ist aber klar: Für einen Verein mit den Möglichkeiten des SV Darmstadt 98 ist der Aufstieg für sich genommen schon ein Riesenerfolg. Im Gespräch mit dem Lilienblog sagt Fritsch, damit habe man etwas erreicht, wofür man in den vorangegangenen Jahren in der 2. Liga angetreten sei und wovon jeder in dieser Klasse träume.
Klar ist aber auch, dass der Spruch von der Kirsche zu der Interpretation führte, die Lilien hätten die Zweitliga-Meisterschaft nicht wirklich gewollt. Für sich genommen ist diese Interpretation jedoch Unsinn – oder wie es der Präsident sagt: „Da wären wir ja dann wirklich ein bisschen deppert gewesen.“
Fragen über Fragen
Stellt sich die Frage, wieso sich die Mannschaft am letzten Spieltag nach einer Saison mit einer langen und oft souveränen Tabellenführung doch noch abfangen ließ. Beim Blick auf die Partie gibt es für Trainer Torsten Lieberknecht die Schlüsselszene kurz vor der Pause. „Der Knackpunkt war die vollkommen überflüssige Rote Karte für Patric Pfeiffer“, sagt er dem Lilienblog. Zudem solle man nicht unterschlagen, dass Greuther Fürth unter Trainer Alexander Zorniger eine richtig gute Mannschaft sei.
Stellt sich als nächste Frage, ob die Mannschaft in Unterzahl besser dagegengehalten hätte, wenn sie Mallorca nicht in den Knochen gehabt hätte. Hier widerspricht Lieberknecht entschieden: „Ich sehe keine Parallelen zwischen Mallorca und der Niederlage. Wir hatten uns danach vier Tage intensiv auf Fürth vorbereitet.“
Bleibt die Frage: Hätte die Mannschaft nicht erst nach dem Fürth-Spiel nach Mallorca fliegen können? Hier widersprechen Lieberknecht und Fritsch unisono: Nach den beiden ausgelassenen Chancen, den Aufstieg gegen St. Pauli und Hannover vorzeitig perfekt zu machen, habe man alles auf das letzte Heimspiel gegen Magdeburg gesetzt und danach die unmittelbare Belohnung versprochen. „Dieser Trip war Teil der Aufstiegsgeschichte. Ich habe die Spieler nach dem Hannover-Spiel mit der entsprechenden Ansprache und verschiedenen Bildern wieder in die Spur bringen müssen“, stellt Lieberknecht klar.
Nächste Saison wieder Butterkekse statt Torte?
Am Ende hat die verlorene Zweitliga-Meisterschaft den SV Darmstadt 98 mehr als zwei Millionen Euro gekostet. Das ist für einen Verein dieser Größenordnung viel Geld – und das schmerzt natürlich auch die Verantwortlichen. Aber allein von dieser Summe können sich die Lilien den Klassenerhalt auch nicht erkaufen.
Für die Entscheidungen rund um Mallorca und Fürth gab es Gründe. Ob der Verein besser gefahren wäre, wenn die Verantwortlichen anders entschieden hätten, ist eine müßige Frage. Ohnehin kann niemand sagen, ob die Mannschaft in Fürth denn gewonnen hätte, wenn sie nicht nach Mallorca geflogen wäre. Es hat einfach keinen Sinn, sich weiter über die fehlende Kirsche zu ärgern.
Über die Torte kann man sich dagegen noch ein wenig freuen – zum Beispiel mit den Rückrunden-Heimspielen gegen Dortmund, Frankfurt und Bayern. Erst recht vor dem Hintergrund, dass es kommende Saison womöglich dann wieder nur Butterkekse gibt.
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