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Den Klassenerhalt kann der SV Darmstadt 98 nach Einschätzung von Winterneuzugang Sebastian Polter nur mit Geschlossenheit und als Team schaffen. Die Leihgabe von FC Schalke 04 stellte im Mediengespräch klar, dass er auf keinen Fall der alleinige „Heilsbringer“ sei. Auch mit anderen Etiketten wie „Wandervogel“ oder „Wandstürmer“ fühlt sich der 32 Jahre alte Angreifer nicht wirklich wohl, wie er am Mittwoch erklärte. 

Sebastian, willkommen in Darmstadt. Dein Mitspieler Gerrit Holtmann hat nach seiner Ankunft sehr schnell von der Mannschaft geschwärmt. Wie ist dein Eindruck nach den ersten Tagen hier?

Ich tue mich schwer, Dinge zu bewerten, wenn man so kurzfristig dazu gekommen ist. Ich hatte am Freitag das Abschlusstraining, durfte am Samstag direkt 30 Minuten auflaufen. Das ist natürlich für mich persönlich wichtig, um so schnell wie möglich Fuß zu fassen. Ich kann sagen, dass ich hier eine geschlossene Einheit vorgefunden habe. Du merkst, dass jeder einzelne sich unterordnet, dass man wirklich das Ziel gemeinsam verfolgt. Aber alles andere sind Dinge, die ich erst nach einigen Tagen oder Wochen bewerten möchte. Ich bin aber sehr positiv gestimmt.

Was macht dir denn Hoffnung, dass das Ziel Klassenerhalt am Ende auch erreicht werden kann?

Ich glaube, um in der Bundesliga zu bestehen, ist es die Grundbasis, eine geschlossene Einheit auf dem Platz zu sein. Ich habe auch in Schalke die Bundesliga verfolgt, und hatte nie das Gefühl, dass Darmstadt auseinanderfällt oder Spiele sang- und klanglos verloren hat. Das innerhalb der Truppe, innerhalb der Kabine zu leben, ist die Basis. Alles andere sind dann kleine Mechanismen, die greifen müssen, damit wir in der Bundesliga Punkte sammeln. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen.

Was konkret braucht Darmstadt jetzt im Abstiegskampf?

Es heißt immer so schön, dass man eklig sein muss, um die Spiele zu ziehen. Aber ich glaube, dass da viel mehr dazu gehört. Man muss Situationen innerhalb des Spiels sehr schnell bewerten und dann direkt umsetzen, was gebraucht wird. Mit meinen mittlerweile 32 Jahren habe ich viel erlebt. Ich bin jemand, der schnell und viel kommuniziert. Auf dem Platz kann ich Dinge ändern, wenn das Trainerteam nicht so schnell reagieren kann. Das sind oft Kleinigkeiten: ein Zweikampf, der anders geführt werden muss, die Körpersprache, mit der die Mannschaft eine andere Präsenz ausdrückt, dazu Passduelle und Sprintduelle. Und du musst die Fans mitnehmen, denn der Einklang zwischen Fans und Mannschaft gehört einfach dazu. Darauf müssen wir uns konzentrieren, weil wir eben nicht so viel individuelle Klasse wie Bayern, Leverkusen oder Stuttgart haben. Wir müssen über die mannschaftliche Geschlossenheit kommen.

Der Trainer hat gesagt, du kommst nicht als Heilsbringer und hat auf deine Leistenoperation verwiesen. Bei wie viel Prozent deiner Leistungsfähigkeit bist du denn?

Nein, ich bin kein Heilsbringer in dem Sinne, dass ich oder Gerrit Holtmann oder wer auch immer Darmstadt jetzt über die Linie schießen werde. Ich hatte in der Hinrunde einen Leistenbruch, habe die Operation extra zweieinhalb Monate verschoben, um das in der Winterpause voll auszukurieren. Danach hatte ich einen kleinen Rückschlag, aber ich bin seit drei Wochen wieder im Mannschaftstraining. Grundsätzlich bin ich kein Freund davon zu sagen: Ich bin jetzt bei 75 oder bei 95 Prozent, weil ich glaube, dass es das nicht gibt. Wenn ich auf den Platz gehe, egal für wie viele Minuten, gebe ich immer 100 Prozent.

Darmstadt hat einen Wandstürmer gesucht, der vorne die Bälle festmachen kann. Würdest du sagen, das entspricht deinem Stürmerspiel?

Als ich vor 13, 14 Jahren Profi geworden bin, gab es diesen Wandspieler wirklich noch. Der war vorne drin, hat den Ball abgelegt und stand sonst nur noch in der Box zur Verfügung. Heutzutage muss das ein bisschen differenzieren. Als Spieler muss man sehr viel arbeiten und für die Mannschaft tun, auch nach hinten. Deswegen habe ich mich auch noch nie darüber definiert, ein reiner Wandspieler zu sein. Ich bin jemand, der auch die Tiefe beackert, tiefe Läufe macht, um Freiraum zu schaffen. Natürlich möchte ich auf dem Platz präsent sein, in den Zweikämpfen, aber auch damit, dass ich meine Mitspieler ins Spiel bekomme. Das ist sehr komplex. Am Ende des Tages ist es dann immer ein Zusammenspiel der vordersten Front. Aber auch wir vorne müssen anfangen zu verteidigen. Das gehört gerade in der Bundesliga dazu.

Dein Wechsel nach Darmstadt klang ja nach einer sehr spontanen Geschichte, die sich quasi erst am letzten Tag ergeben hat?

Also der Austausch war die ganze Zeit da, wenn auch nicht mit mir. Dazu habe ich einen Berater, ein Management. Natürlich musste man immer sehen, ob Schalke mich wirklich abgeben wollte oder nicht. Und dann spielt eine Rolle, ob Darmstadt am Ende das Ganze wirklich umsetzen wollte. Am letzten Tag kam dann das finale Go. Ich bin zur Geschäftsstelle von Schalke gefahren und habe alles unterschrieben. Aber insgesamt war es ein Prozess, der sich über die letzte Transferperiodenwoche gezogen hat, bis Schalke, Darmstadt und ich auf einem Nenner waren.

Sebastian Polter, SV Darmstadt 98

Sebastian Polter sieht sich weder als Wandstürmer, noch als Wandervogel

Darmstadt ist dein siebter Bundesliga-Verein, dazu warst du auch schon im Ausland am Ball. Bist du ein Wandervogel?

Zunächst mal bin ich sehr stolz auf jeden einzelnen Verein, für den ich gespielt habe. Ich mag den Begriff Wandervogel allerdings nicht. Es war bei jedem Verein eine andere Situation. Teilweise musste ich wechseln, teilweise wollte ich mich weiterentwickeln. Für mich ist aber wichtig zu sagen, dass ich immer alles zu 100 Prozent für den Verein getan habe und tun werde – egal, ob es jetzt der siebte Bundesliga-Klub in meiner Karriere ist oder nicht. Und jetzt möchte ich einfach Darmstadt helfen.

Aufgezeichnet in einer Medienrunde mit Sebastian Polter am Mittwoch 

Was Sebastian Polter über seine verschiedenen Trainer, seine England-Erfahrung und seine Karriere als Torhüter sagt, lest ihr in Kürze hier im Lilienblog.

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Bildquellen

  • IMG_3582: Stephan Köhnlein
  • SVD-b04-2023-24-blog-0003: Arthur Schönbein

Ein Kommentar

  • Astrid sagt:

    Eine sehr ungewohnte aber aufrichtige Aussage für die sonst so abgedroschenen Phrasen anderer im Fußballgeschäft . Er redet nichts schön , sondern sagt , wie er es tatsächlich sieht . Nüchtern und abgeklärt . Die Wahrheit ist nicht immer bequem , aber mir allemal lieber als irgendwelches Gesäusel .

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