Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein über die aktuell freudlose Situation beim SV Darmstadt 98 und die Gefahren über den Abstieg hinaus:
Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball hinterher – und am Ende verlieren immer die Lilien. Das ist in Abwandlung des Ausspruchs der englischen Fußball-Legende Gary Lineker das Motto für die laufende Saison des SV Darmstadt 98.
Klar, die Lilien haben nicht jede Partie verloren, aber immerhin 15 von 23 Pflichtspielen (inklusive Pokal). Aber auch die deutsche Nationalelf, auf die sich der frustrierte Lineker nach dem WM-Halbfinal-Aus Englands gegen Deutschland 1990 bezogen hatte, gewann zu seiner aktiven Zeit ja nicht alles.
Das Gefühl der Frustration triff jedoch auf beide Situationen zu. Gerade hat der SV Darmstadt 98 trotz einer ordentlichen Leistung gegen den VfB Stuttgart verloren. Wieder mal verloren. Wie so oft fehlte am Ende das Match-Glück und in letzter Konsequenz auch die entsprechende Qualität, um dieses Glück einfach mal zu erzwingen.
Mehr als vier Monate ohne Sieg
Es war schon im vergangenen Sommer klar, dass die Saison schwer wird und die Lilien gegen den Abstieg spielen. Nach der Anpassungsphase gegen schwere Gegner gab es im vergangenen Herbst eine kurze Phase mit überwiegend attraktivem Fußball und einigen guten Ergebnissen – angefangen vom 3:3 gegen Gladbach bis zum 2:1 in Augsburg.
Doch die Partie gegen Augsburg war zugleich der bislang letzte Saisonsieg und der liegt mittlerweile mehr als vier Monate zurück. Seither sind die Ergebnisse ausgesprochen freudlos – klammert man mal das furiose 3:3 in Hoffenheim und das Last-Minute-Unentschieden im Hessen-Derby gegen Frankfurt aus. Selten war die Mannschaft chancenlos, aber meist stand sie am Ende mit leeren Händen da.
Die Diskussion um die Stimmung am Böllenfalltor kann man in diesem Zusammenhang zwar führen. Aber es macht im Moment einfach wenig Spaß, sich die Lilien anzusehen. Auch die Spieler haben mehrfach betont, dass sie auf dem Platz in Vorleistung treten müssen, um die Fans mitzunehmen. Dass das funktioniert, hat etwa das Derby gegen Frankfurt gezeigt. Und auch in der Schlussphase gegen Stuttgart kam noch einmal richtig Leben in die Bude am Bölle.
Positiv-Erlebnisse müssen her
Es sind noch zwölf Spiele bis Saisonende. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt schwindet mit jeder weiteren Partie ohne Sieg. Aber selbst wenn die Lilien absteigen sollten, brauchen sie noch ein paar positive Erlebnisse. Blickt man auf die Abstiegssaison 2016/17 zurück, gab es da neben den vielen Niederlagen auch ein paar Ausrufezeichen wie die Siege über Dortmund und Mainz oder die Serie mit drei Siegen im April, als eigentlich schon alles verloren war. So trat man damals aufrecht den Gang in Liga zwei an.
Wenn es diese Saison solche Positiv-Erlebnisse nicht gibt, dann wird der Frust weiter wachsen – in der Mannschaft, bei den Fans, bei den Verantwortlichen und im Umfeld. Und dann könnte auch die bislang noch weitgehend heile, beschauliche und auf Kontinuität ausgerichtete Welt am Böllenfalltor ins Wanken geraten. Ob sich das dann noch mit Durchhalteparolen und positivem Denken beruhigen lässt? Sehr fraglich.
Lineker hat seinen Spruch über Deutschland übrigens nach dem peinlichen WM-Aus 2022 modifiziert mit dem Anhängsel, dass Deutschland immer nur dann gewinne, wenn es die Gruppenphase überstehe. Was passieren muss, damit Darmstadt nicht immer verliert? Da fehlt zumindest dem Autor dieser Zeilen gerade leider ein wenig die Fantasie.
“Football is a simple game. Twenty-two men chase a ball for 90 minutes and at the end, the Germans always win.” If they get through the group stage. pic.twitter.com/Svhay80Kw2
— Gary Lineker (@GaryLineker) December 1, 2022
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Bildquellen
- SVD-b04-2023-24-blog-0034: Arthur Schönbein
Alles gut beschrieben. Ja, es macht wirklich keinen Spaß. Wenn sich erst gleichgültig auf den Rängen breit macht, wird es früher oder später auch mal zerrissene Hosen geben. Hatten wir alles mal erlebt. Ich bin gespannt wie sich das alles entwickelt und ich hoffe, dass die Befürchtungen die ich und auch vielen anderen haben nicht eintreten.
Wenn die oberste Führungsriege keine eindeutige Ansage, keinen eindeutigen Willen zum Verbleib in der ersten Liga zeigt, wird es die Mannschaft auch nicht schaffen können
Wir werden weit abgeschlagen auf Platz 18 liegend den Gang nach unten antreten … doch was dann folgt, wird schlimmer als alles was wir diese Saison bisher ertragen mussten. Dann wird ein ganz übler „Ausverkauf“ stattfinden und in Kombination mit den abziehenden Leihspielern wird ein klapperiges Gerippe aus „Alten“ und „Unbrauchbaren“ als Rest zurück bleiben, der die Bezeichnung „Mannschaft“ wohl eher nicht verdienen wird.
Lasst uns den Leder-Göttern ein paar Fässchen Krombacher opfern, damit uns Bielefeld erspart bleibt …
Wenn wir ihnen Krombacher opfern, werden uns die Ledergötter sofort voll reinrasseln lassen … Ich schlage vor, dass wir es einfach vor den Trainingsplätzen all der Vereine, gegen die wir noch zu spielen haben, auf den Parkplätzen ausgießen, um die Bösen Geister anzulocken. Dafür ist’s gut genug.
Klingt nach ’nem Plan …
Gut beschrieben, Stephan. Zwar geht man immer wieder den steilen Bußweg über den Steinberg, und immer noch geht man mit der Hoffnung „vielleicht ja heute“, aber jedes Mal mit etwas weniger davon. Wenn, ja wenn es mal zu einem Sieg käme, es gäbe eine Riesen-Eruption auf den Rängen – aber auch das nicht mehr lange, denn bald wird ein Sieg wie ein Hohn wirken. Falls nicht, wird bald ein anderes Sprüchlein den Rest der Saison gelten: „Der letzte macht’s Licht aus.“
Deshalb. Werder. Augsburg. Zweimal gewinnen. Sonst nichts!
Sonst: nichts.
Die Spiele gegen Bochum, Mainz und Köln hat man einfach hergeschenkt. Vor diesen Spielen hieß es, das sind die Spiele die wir gewinnen müssen und können. Da müssen wir punkten, da können wir was holen. Was kam bei raus? Angsthasen Fußball! Man traut sich nichts gegen die direkten Konkurrenten, aber gegen die Mannschaften oben wollen wir Hurra Fußball spielen. Dann das Spiel gegen Heidenheim, wo du zwischenzeitlich führst und in der Tabelle vor Heidenheim stehst. Das Spiel schenken wir auch her, seitdem geht es nur in eine Richtung.
Seien wir mal ehrlich, der Klassenerhalt ist nicht mehr zu schaffen, auch wenn es rechnerisch möglich ist. Köln und Mainz haben Ihre Form gefunden und werden es unter sich ausmachen. Es ist völlig ok wenn der SV Darmstadt 98 absteigt, das geht klar. Mich ärgert es nur, dass wir diese Chance einfach so hergegeben haben, weil wir uns nicht getraut haben. Weil wir uns ständig klein machen, wir immer wenn es drauf ankommt einfach in die Hose machen.
Ich will das Fass der verschenkten Zweitliga-Meisterschaft nicht wieder aufmachen, aber diese 2 Millionen Euro hätten evtl. den Unterschied ausgemacht. Damit hätte man den einen Spieler verpflichten können. Schade!
Es frustriert einen, obwohl man es hat kommen sehen. Der Kopf sagt: Kleines Stadion – kleines Budget – kein Sponsor – keiner will uns haben – keine Chance. Das Herz sagt: Lilien kämpfen, Lilien holen Punkte, Lilien stecken was weg, Lilien finden drei die noch schlechter sind. Je länger du nichts holst, umso mehr zementiert sich mental das Loser-Gen. „Egal was wir machen, wir verlieren“. Läuft unser Stürmer alleine aufs Tor zu, stellt sich nicht mal mehr Euphorie ein, weder beim Stürmer noch bei mir. Der Kopf hängt, Körperspannung wie ein nasser Weck -und ooh schade. An schlechte Stimmung im Stadion kann ich mich nur gegen Bochum, Mainz und Köln erinnern – der Funke kam von Spielfeld, bzw. er kam halt nicht. Wieviel Anteil Wehlmann und/oder die finanziellen Rahmenbedingungen schuld sind lässt sich nicht verifizieren. Hinweise könnten Personalien wie Justvan, Holtmann und Polter geben. Diese Kragenweite war sicher auch vor Saison verfügbar. Oder man wollte die Aufstiegshelden „genießen“ lassen?! Ich setze meine Hoffnung auf den, noch unbekannten, neuen starken Mann. Er wird einen stabilen Zweitliga-Kader aufstellen, mit dem man wieder „die Top 20 herausfordern“ kann. Ich sehe uns da, mit unseren Rahmenbedingungen, perfekt aufgehoben.
Wir haben wenigstens 2 Spiele verschenkt, da unsere Jungs (wie wurde es ausgedrückt) die Hosen voll hatten auf den Gegner zuzugehen. Aber sie liefen stattdessem immer davon. Zurückziehen bis zur Mittellinie war die Devise. UND – der Ball muss nicht immer im 16 m Raum abgeschossen werden, sondern kann auch von einer etwas weiteren Distanz gespielt werden. Aber dazu fehlt wieder einmal der Mut. Viele andere Vereinsspieler machten dadurch schon sehr viele Tore. Vielleicht ändert sich ja doch noch etwas.
Und die Idee von einem Trainerwechsel finde ich überhaupt nicht gut.
Ja, die Worte kann ich unterschreiben! Inzwischen ist es fast egal, wie der Gegner heißt und welchen Tabellenplatz er inne hat. Irgendwie fehlt mir der Glaube, dass die Lilien das Spiel gewinnen können. Irgendwas geht halt immer schief und das ist eben auch eine Frage der Qualität.