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Paul Fernie – so tickt der neue Sportdirektor

Sportdirektor Paul Fernie, SV Darmstadt 98

Sportdirektor Paul Fernie, SV Darmstadt 98

Der neue Sportdirektor Paul Fernie spricht über Aufgaben und Ziele beim SV Darmstadt 98, die deutsche Sprache und Menschlichkeit im Fußball.

Seine ersten Eindrücke von den Lilien

Fernie war am Sonntag beim Spiel gegen Freiburg im Stadion. Die Lilien seien die bessere Mannschaft gewesen, allerdings habe die letzte Konsequenz im Strafraum gefehlt, sagt er. Was ihn besonders beeindruckt habe, seien die Euphorie und die Energie im Stadion gewesen. „Ich war beim Warm-up abgelenkt von der Südkurve. Die haben schon da fast die ganze Zeit gesungen und geschrien, im Spiel dann sowieso. Das ist einzigartig hier in Darmstadt und nicht selbstverständlich in der sportlichen Situation.“ Das bekräftige ihn in seiner Entscheidung: „Das ist eine Mannschaft, ein Verein, der Leidenschaft, der Energie, der Intensität hat.“

„Ich würde niemals sagen: Alle Spieler, die ich verpflichtet habe, haben funktioniert“, sagt Darmstadts neuer Sportdirektor Paul Fernie.

Seine Idee von Scouting und Kaderplanung

Das sei nichts Bahnbrechendes (O-Ton: „nicht groundbreaking“).  Es gebe die drei Säulen Live-Scouting, Video-Scouting, Data-Scouting. Zudem brauche man ein gutes Netzwerk mit guten Leuten, die Scouting-Empfehlungen geben, auf die man sich verlassen kann. Das müsse man alles abdecken und dann eine gute Entscheidung treffen. Aber natürlich könne man nicht alles immer richtig machen. „Ich würde niemals sagen: Alle Spieler, die ich verpflichtet habe, haben funktioniert.“ Mit Blick auf neue Spieler sagte er, es gebe Talente überall auf der Welt. Man dürfe nicht nur im Umkreis von 40 oder 50 Kilometern schauen. Es gehe darum, ein System und eine Struktur aufzubauen, um die besten Spieler für Darmstadt zu finden. Deswegen sei er auch häufig selbst unterwegs in Stadien. „Diesen Teil meines Jobs habe ich nie hinter mir gelassen. Das will ich jetzt auch weitermachen, denn das mache ich sehr, sehr gerne.“

Sein Werdegang als Trainer und Scout in England, Deutschland und den USA

„Ich bin keiner, der immer an einem Ort bleibt und sagt, ich habe Angst, etwas Neues auszuprobieren“, sagt er. Er sei wissbegierig, ein Typ, der immer nach vorne schaut und nach vorne kommen will. Er habe als Jugendtrainer begonnen, sei Analyst und Co-Trainer gewesen, Scout und später Chefscout. Sein letzter Trainer in England sei bei den Blackburn Rovers der frühere Dortmund-Profi Paul Lambert gewesen, der seine Lizenzen in Deutschland gemacht und weiter Kontakte hierher habe. Im November 2016 sei dann der Anruf von Wehen Wiesbaden gekommen. „Es war eine neue Erfahrung, ein neues Land, neue Vereine, neue Strukturen, neue Sprache, sozial und kulturell auch eine Riesenherausforderung, aber ich habe es genossen.“ Dann sei er für zwei Jahre zu den New York Red Bulls gegangen, was ebenfalls eine komplett neue Erfahrung gewesen sei, nicht nur vom Land, sondern auch vom Scouting und vom gesamten Umfeld. Und 2021 sei er dann zu Wehen Wiesbaden zurückgekehrt, um seine Ideen als Sportlicher Leiter umzusetzen.

Was für Fernie besonders wichtig ist

Er habe in seiner Karriere viel Glück gehabt: „Ich habe in Traditionsvereinen gearbeitet, ich habe auch in kleinen Vereinen gearbeitet. Ich habe mit viel Geld gearbeitet, ich habe mit wenig Geld gearbeitet. Aber eine Konstante sind die Leute und die Menschlichkeit.“ Fußball ändere sich nicht, sei eine extrem intensive Branche. „Aber ich habe immer etwas ausgesucht, was menschlich passt. Das war auch von Anfang an hier in Darmstadt der Fall.“

„Eine Konstante ist die Menschlichkeit“, sagt Sportdirektor Paul Fernie.

Die Herausforderungen bei der Kaderplanung in Darmstadt

„Wir haben einiges zu tun, aber das ist normal“, sagte Fernie mit Blick auf die 17 auslaufenden Verträge. „In jedem Verein gibt es auslaufende Beträge, es gibt neue Spieler. In dieser Situation müssen wir keine Sorgen haben. Es ist eine Möglichkeit, etwas Positives, etwas Neues aufzubauen.“ Da er am Montag seine Aufgabe in Darmstadt angetreten habe, seien natürlich noch keine Entscheidungen gefallen. Er habe ein paar „produktive und konstruktive Gespräche“ geführt. In den kommenden ein bis zwei Wochen werde er dann seine eigene Einschätzung treffen. „Das ist die Priorität in diesem Moment.“

Der Fußballer Paul Fernie

Er sei gelernter rechter Verteidiger mit offensiver Ausrichtung gewesen, habe später aber auch im Mittelfeld und auf der rechten und linken Außenposition gespielt. Vor allem sei er aber ein Typ gewesen, der immer Fragen gestellt habe, was seine Trainer bestimmt auch mal genervt habe. „Ich wollte immer wissen, warum“, sagt er. „Das hat schon als Kind zu Hause mit meiner Mutter angefangen.“

Die deutsche Sprache

„Schwer, sehr, sehr schwer“ sei die deutsche Sprache, sagt Fernie, obwohl er sehr gut Deutsch spricht. Am Anfang habe er zweimal pro Woche in Abendkursen gelernt. „Und dann habe ich irgendwann angefangen zu reden. „Ich glaube, das war der richtige Moment, sich nicht zu viel Gedanken zu machen, sondern einfach zu reden.“ Was zudem helfe: Seine Frau, die er bei seinem ersten Engagement in Wiesbaden kennengelernt habe, sei Deutsche. Zu Hause spreche man miteinander Deutsch. Nur mit seinem kleinen Sohn spreche er Englisch. „So wir sind Multikulti als Family“, sagt er schmunzelnd. Natürlich mache er Fehler. „Ich habe gestern vor der Mannschaft gesagt, dass ich immer Probleme mit der, die, das haben werde. Aber man gibt nicht auf.“

Den Abschied von Wehen Wiesbaden hat sich Paul Fernie anders gewünscht

Über seinen Abschied von Wehen Wiesbaden

Zuletzt gab es Spekulationen, dass Fernie Dennis Kempe (Bruder von Tobias Kempe und zuletzt Wehen Wiesbaden) nach Darmstadt folgen könnte. Fernie hielt sich dabei bedeckt. „Was in diese Richtung passiert in den nächsten Wochen, werden wir sehen“, sagte er und fügte an: „Bedarf haben wir im Scouting auf jeden Fall.“ Natürlich habe er sich das Ende dort anders vorgestellt und gewünscht. „Trotzdem wünsche ich den Freunden nur das Beste und alles, alles Gute, nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig.“ Die vergangenen zwei Jahre seien eine sehr intensive und erfolgreiche Zeit gewesen.

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Bildquellen

  • IMG_3701-1: Stephan Köhnlein
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  • Fernie: Stephan Köhnlein
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