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Eilmeldung: Lieberknecht tritt zurück

Tosten Lieberknecht, SV Elversberg - SV Darmstadt 98

Tosten Lieberknecht, SV Elversberg - SV Darmstadt 98

Paukenschlag beim SV Darmstadt 98: Torsten Lieberknecht ist nicht mehr Trainer der Lilien. Das gab der Verein am Sonntag bekannt. Am Samstag hatte die Mannschaft 0:4 in Elversberg verloren.

Nach interner Analyse und mehreren intensiven Gesprächen aller Beteiligten hat der 51-Jährige laut Mitteilung des SV Darmstadt 98 darum gebeten, die Zusammenarbeit zum Wohle des Vereins zu beenden. Die Lilien seien seiner Bitte nachgekommen.

Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel wirkte Lieberknecht gebrochen: die Schultern hängend, die Stimme gedrückt, die Gestik nervös, die Augen rotgerändert. Auf mehrere Fragen, wusste er keine Antwort, wollte sich auf der Busfahrt zurück nach Darmstadt Gedanken machen.

Seine Aussage, er fühle sich von seinen Spielern im Stich gelassen, ist ein Indiz dafür, dass es im Verhältnis zur Mannschaft Risse gab. Sportdirektor Paul Fernie hatte anschließend zwar noch beschwichtigt, die Worte Lieberknechts seien der Emotionalität der Situation geschuldet.

Doch bereits vor der Pressekonferenz hatte Keeper Marcel Schuhen mit seinen Wutreden im Fernsehen und in der Mixed Zone ebenfalls nahegelegt, dass es in der Mannschaft nicht stimmt, als er unter anderem erklärte, dass sich diejenigen, die nicht mitzögen, doch „verpissen“ sollten.

Lieberknecht: „Keiner steht über dem Verein“

In der Mitteilung des Vereins erklärte Lieberknecht: Jeder weiß, wie viel mir der Verein bedeutet. Ich habe aber auch immer betont, dass keiner über dem Verein steht. Das gilt auch für mich. Mit meiner nach ernsthafter Abwägung getroffenen Entscheidung möchte ich mit Blick auf die kommenden Aufgaben dabei helfen, dass alle wieder nach vorne blicken und die Kräfte bündeln können.“

Sportdirektor Paul Fernie danke Lieberknecht für die geleistete Arbeit und lobte dessen Haltung und dessen Charakter. „Es spricht für Torsten, dass wir dies gemeinsam mit ihm sachlich diskutieren konnten und dabei zu diesem Ergebnis gekommen sind. Es ist alles andere als selbstverständlich im Profifußball, dass man ein Verhältnis pflegt, das einen so ehrlichen und offenen Austausch in dieser schwierigen Situation ermöglicht.“

Fritsch: Kein guter Tag für den SV Darmstadt 98

Präsident Rüdiger Fritsch erklärte: „Heute ist kein guter Tag für den SV Darmstadt 98. Denn ein Mensch, der sich komplett mit den Lilien identifiziert und große Verdienste um den Verein erworben hat, ist ab sofort nicht mehr unser Trainer.“

Er sei sich aber sicher, dass mit etwas Abstand nicht die Ergebnisse der letzten Zeit in Erinnerung bleiben, sondern vor allem die großen Erfolge, die Lieberknecht dem Verein beschert habe, sagte Fritsch.

Bis auf Weiteres wird das bestehende Trainerteam um Darius Scholtysik und Ovid Hajou die Einheiten leiten, beginnend mit dem nächsten Training am Dienstag (3.9.) um 11 Uhr. Über die Cheftrainer-Nachfolge wird der Verein zu gegebener Zeit informieren.

Zwei sehr erfolgreiche Jahre

Im Sommer 2021 hatte Lieberknecht den SV Darmstadt 98 als Trainer übernommen, nachdem sein Vorgänger Markus Anfang überraschend zu Werder Bremen gewechselt war.

In der ersten Saison führte Lieberknecht ein höchstens leicht überdurchschnittliche Zweitliga-Mannschaft auf Rang vier. In der Folgesaison stieg er mit den Lilien in die Bundesliga auf.

Doch dort stieg die Mannschaft aber nach nur einer Spielzeit sang- und klanglos wieder ab. Das hinterließ Spuren bei allen Beteiligten.

Auch der angepeilte Neustart in der 2. Liga misslang. Nach vier Spieltagen haben die Lilien gerade einen Zähler auf dem Konto und steht auf Rang 17.

Präsidium muss sich erklären

Der Rücktritt Lieberknechts stellt den Verein vor weitreichende organisatorische Herausforderungen bei der Suche nach einem Nachfolger. Der Kader ist vor allem nach den Vorstellungen des Trainers ausgerichtet.

Auch der Unterbau mit der neuen U21-Mannschaft in der Hessenliga ist auf starkes Betreiben Lieberknechts entstanden. Immer wieder hatte er Jugendspieler – darunter den heutigen Kapitän Clemens Riedel, später Fabio Torsiello oder zuletzt Othmane El Idrissi – zu den Profis hochgezogen.

Zudem wirft der Rücktritt auch Fragen an die Verantwortlichen auf. Diese hatten mit dem Trainer erst vor rund einem Jahr den noch bis zum Ende dieser Saison laufenden Vertrag ohne Not vorzeitig bis 2027 verlängert.

(aktualisiert mit Stellungnahmen von Lieberknecht, Fritsch und Fernie sowie weiterem Vorgehen) 

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Bildquellen

  • elv-SVD-2024-25-blog-0018: Arthur Schönbein
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