Nach der Elversberg-Pleite vor drei Wochen stieß Marcel Schuhen mit seiner Brandrede einigen Mitspielern vor den Kopf. Nach dem Remis gegen Braunschweig lobte er positive Ansätze im Team. Und nach dem sensationellen 5:3 auf Schalke brüllte er seinen Teamkollegen im tosenden Jubel vor der Kurve mit den mitgereisten Fans zu: „Saugt das auf, Männer! Saugt das auf!“ Wer wissen will, wie es um die Stimmung in der Mannschaft des SV Darmstadt 98 steht, findet im emotionalen Keeper und Führungsspieler einen verlässlichen Seismografen.
Der 31-Jährige, der beim 1. FC Köln ausgebildet wurde und über Hansa Rostock und den SV Sandhausen ans Böllenfalltor kam, spielt in seiner sechsten Saison für die Lilien. In dieser Zeit absolvierte er 166 Pflichtspiele. Er war einer der Garanten für den Bundesliga-Aufstieg und stieg nach einer deprimierenden Saison mit der Mannschaft wieder ab. Beim Schalke-Spektakel durchlebte er seine eigene Achterbahn-Fahrt der Gefühle.
Extra-Lob vom Trainer
Schon nach einer knappen Viertelstunde zappelte der Ball im Tor des SV Darmstadt 98 – und daran war auch Schuhen nicht ganz unbeteiligt. Denn dass der Schalker Tobias Mohr den Ball – zugegebenermaßen gekonnt und sehenswert – ins Tor der Lilien löffeln konnte, lag auch an der indisponierten Mauer, die normalerweise der Keeper stellt. Schuhen stand in der falschen Ecke und blieb regungslos auf der Linie stehen. Die beiden anderen Schalker Gegentore fielen zwar auch unter Mithilfe der Lilien, doch Schuhen traf daran keine Schuld.
Und im zweiten Durchgang schlug dann die Stunde des Keepers. Mit zwei überragenden Paraden gegen die Schalker sorgte er dafür, dass die Lilien im Spiel blieben und die Partie sogar noch drehen konnten: Zunächst pariert er stark gegen Amin Younes, und nur wenige Minuten später wehrt er einen Schuss von Kenan Karaman aus der zweiten Reihe zur Ecke ab. Dafür gab es ein Extra-Lob von Trainer Florian Kohfeldt. Wäre das 1:4 gefallen, wäre die Mannschaft wohl weg gewesen, sagte der Coach und fügte an: „Da hat Schuh überragend gehalten,“
„Immer weiter, immer weiter“
Schuhen selbst befand nach der Partie: „Natürlich denkt man nach dem 0:3 auch kurz daran, dass hier alles in die falsche Richtung läuft. Aber das Spiel ist das perfekte Beispiel dafür, dass es sich lohnt, immer weiterzumachen.“
Mit diesem Satz und der dahinter stehenden Mentalität knüpft der Keeper der Lilien an einen der größten deutschen Torhüter aller Zeiten an. „Niemals aufgeben! Immer weitermachen! Immer weiter! Immer weiter!“ – war der Satz, mit dem Oliver Kahn seine Mitspieler beim FC Bayern München am Ende der Saison 2020/21 zur Last-Minute-Meisterschaft pushte.
So weit ist es bei den Lilien noch lange nicht. Aber weitermachen müssen auch sie – vor allem in der Defensive. Denn nach sechs Spieltagen stehen bereits 14 Gegentreffer zu Buche. Nur drei Teams sind aktuell schlechter.
Euch gefällt der Lilienblog? Dann gebt uns doch einen aus, unterstützt damit unsere Arbeit und fördert die Medienvielfalt in Südhessen.
Bildquellen
- s04-SVD-2024-25-blog-0049: Arthur Schönbein