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Rein von der Zahl her ist der Kader des SV Darmstadt 98 mit Spielern für das defensive Mittelfeld gut besetzt: Doch vor allem die Verletzungsmisere hat die Auswahl für Trainer Florian Kohfeldt dramatisch eingeschränkt. Das geht so weit, dass der Lilien-Coach inzwischen eine Abkehr von der Doppel-Sechs nicht mehr ausschließt. Seit Kohfeldt im Amt ist, hat er nahezu ausschließlich mit zwei defensiven Mittelfeldspielern vor der Abwehr spielen lassen.

Die Misere im defensiven Mittelfeld begann bereits vergangene Saison: Im April zog sich Mannschaftskapitän Fabian Holland eine schwere Knieverletzung zu: Kreuzband, Meniskus, Innenband – alles kaputt. Doch der mittlerweile 34-Jährige wollte sich mit dem drohenden Karriereende nicht abfinden, arbeitete sich diszipliniert zurück und hatte geplant, in der Rückrundenvorbereitung wieder ins Mannschaftstraining einzusteigen.

Aber dann erwischte Holland in der Winterpause ein schwerer Infekt, er verpasste das Trainingslager und wurde um Wochen zurückgeworfen. Kohfeldt bremst ohnehin: Auch wenn Holland wieder ins Training mit seinen Mitspielern einsteigen könne, werde es angesichts der Schwere der Verletzung noch Wochen dauern, bis er eine Option für den Kader sei.

Im Sommer legten die Lilien auf der Sechser-Position doppelt nach und holten Kai Klefisch aus Paderborn und Paul Will aus Dresden. Vor allem Will überzeugte in der Vorbereitung und den ersten Spielen. Doch kurz vor Kohfeldts Amtsantritt riss er sich im Testspiel gegen Mainz ebenfalls das Kreuzband. Mit ihm ist laut Trainer in dieser Saison nicht mehr zu rechnen.

Klefisch war nach seinem Wechsel ebenfalls von Anfang an gesetzt und schwang sich immer mehr zum Führungsspieler auf. Doch vor einer guten Woche verletzte er sich im Nürnberg-Spiel an der Leiste und fehlt länger. Damit ist die etatmäßige Doppel-Sechs weggebrochen.

Müller ist der letzte Sechser

Einzige personelle Konstante und mittlerweile letzter gesunder etatmäßiger Sechser ist Andreas Müller, der sehr engagiert, aber bisweilen auch recht wechselhaft spielt. Merveille Papela, der gegen Elversberg ein gutes Startelf-Liga-Debüt gab, ist eher ein Spieler für die Achter-Position. Die benötigte Zweikampf-Cleverness vor der Abwehr ließ er beim zweiten Tor der Elversberger vermissen. „Da erwarte ich einfach, dass er das Foul zieht“, monierte Kohfeldt. „Das ist ein gestrecktes Bein des Elversbergers. Das musst du wissen.“

Tobias Kempe spielte in der Anfangszeit unter Trainer Torsten Lieberknecht mehrfach auf der Sechser-Position. Allerdings war der mittlerweile 35-Jährige bereits zu Saisonbeginn unter Lieberknecht nicht mehr erste Wahl. Und auch Kohfeldt ließ durchblicken, dass er Kempe nicht mehr die Luft für einen Startelfeinsatz zutraut. Zuletzt fehlte der Routinier ohnehin mehrfach krank beziehungsweise angeschlagen.

Der im Winter verpflichtete Jean-Paul Boetius hat nach seiner langen Krankheit noch Rückstand, ist ohnehin offensiver ausgerichtet, also auch eher ein Achter oder ein Zehner, und kein Abräumer vor der Abwehr. Und Fabian Nürnberger, der laut Kohfeldt ebenfalls eine Option für das defensive Mittelfeld war, hat sich mit seinem Platzverweis nach grobem Foul und Tätlichkeit gegen Elversberg für Wochen ins Abseits katapultiert (siehe Lilienblog-Bericht).

Ein Gjasula hätte der Mannschaft helfen können

In der aktuellen Situation hätte Klaus Gjasula der Mannschaft auf dieser Position womöglich kurzfristig helfen können – auch mit seiner Erfahrung und Führungsstärke. Doch der 35-Jährige zog im Winter weiter zu Drittligist Rot-Weiss Essen, wo er – zumindest zu Rückrundenbeginn – wieder regelmäßig spielt. In Darmstadt hatte er in der Hinrunde dagegen immer wieder – auch krank oder verletzt – gefehlt.

Und Mannschaftskapitän Clemens Riedel aus der Innenverteidigung auf die Sechser-Position vorzuziehen, ist für Kohfeldt keine Option, weil er damit dann in der ohnehin dünn besetzten Abwehr eine neue Baustelle eröffnen würde. „Deshalb ist auch ein Systemwechsel für mich definitiv eine Option“, sagte der Lilien-Coach nach dem Elversberg-Spiel. „Man muss als Trainer – das ist ja der Balanceakt – versuchen, klar zu bleiben, sich selbst treu zu bleiben, aber auch nicht stur zu sein.“

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Bildquellen

  • hsv-SVD-2024-25-blog-0030: Arthur Schönbein

8 Kommentare

  • Jürgen sagt:

    Müller als einziger 6er? Bitte nicht. Er könnte Clemens auf die 6 vorziehen und stattdessen den neuen IV für ihn einsetzen – oder 3er/5er Kette anstatt 4er-Kette hinten. Wird auf jeden Fall spannend in Braunschweig. Weiß nicht, ob Experimente in der Defensive die zuletzt wieder recht löchrig gewordene Abwehr stabilisieren helfen? Und es ist ja jetzt auch nicht mehr so wie im Herbst letzten Jahres, als wir vorne noch mehr Tore geschossen haben, als hinten reinfielen …

    • Stephan Köhnlein sagt:

      Zu Riedel auf die Sechs hat sich Kohfeldt geäußert (steht auch im Beitrag), das ist aktuell für den Coach nach seiner Aussage keine Option, weil er damit die eingespielte (wenn auch gegen Elversberg nicht sattelfeste) Innenverteidigung auseinanderreißen würde.

  • Frank Hofmann sagt:

    An Besten ein 1-5-5 spielen lassen und dem Gegener denn Ball führen lassen? Odre einfach mal die Positionen würfeln? Liest sich iwie nach Panik Modus am Bölle. Kohfeldt mit Latein am Ende?
    Lieberknecht gab in einem bemerkenswerten Interview zu, dass er irgendwann statt auf sein Bauchgefühl aka Instinkte alles über den Kopf regeln wollte und dann isset passiert! Ist Kohfeldt der Typus Kopfmensch oder ein verschlagener Zauberkünstler? Wäre ganz übel, ween die panik beim Trainer auf das Team und umgekehrt überschlägt. Das war dann alsbald das Ende von T.L..
    Man wird es beim BTSV ja sehen.

  • Frank Hofmann sagt:

    Personallücken: da muss halt mal Personal aus der Oberliga ausgewintert und mit eingebunden werden. Hatten wir unter T.L. auch schon öfters. Bessre als ohne volle Auswechselbank anzutreten.

    • MAX1898 sagt:

      Muss ich dir recht geben. Das hat mich am Wochenende doch stark gewundert, dass die Bank nicht voll war.
      Da nehme ich doch ein paar Jugendspieler mit auf die Bank. Egal ob sie jetzt gebraucht werden oder nicht. Tut doch keinem weh.

  • Raininho sagt:

    Wenn FloKo – verständlicherweise – die Innenverteidigung nicht auseinanderreißen will, dann schlägt wohl jetzt die Stunde von Dresko. Zusammen mit Müller oder Boetius. Manchmal muss man über seinen Schatten springen und kreativ werden. Ich denke, dass wir Spieler haben, die nicht nur eine Position spielen können. Das kann auch den Spieler besser machen. Ich erinnere mich da gerne an Tim Skarke, der auf der Außenbahn eine Position nach hinten rückte und anschließen auch als offensiver viel besser defensiv agieren konnte. Insgesamt irre, wie die Mannschaft von jetzt auf gleich im Herbst zur „Mannschaft der Stunde“ avancierte und sich in Regensburg in ein Mauseloch verkrochen hat und bis jetzt nicht wieder zum Vorschein kommt. Ich hatte in allen Rückrundenspielen die Hoffnung auf einen „Schalke-Effekt“ wo wir auch schon hoffnungslos 3:0 hinten lagen und dann die Veltins-Arena auseinander genommen haben. Wenn wir in Braunschweig nicht punkten wirds echt schei.e.

  • SteKra sagt:

    Ich finde, man sollte sich jetzt wirklich auf das wirklich Wichtige und Wesentlich konzentrieren und bereits das Sommer Trainingslager in Herxheim sowie das Winter Trainingslager in Spanien buchen.
    Während Lieberknecht und Fernie ja von dem Trainingslager in Herxheim in allerhöchsten Tönen geschwärmt haben, war Kohfeldt geradezu in Superlativen von dem Spanientrainingslager jetzt im Winter begeistert. Absolut herausragend unter überragenden Bedingungen habe man dort gearbeitet. Das sagte er!!!
    Naja gut, er sagt ja viel wenn der Tag nur lang genug ist.

    • De Maddin sagt:

      Das Thema Trainingslager und Training unter der Woche und was immer die sportliche Leitung darüber sagt, kann man nicht nur am Bölle sondern bei jedem Verein getrost ignorieren. „Die Jungs haben toll trainiert“ und „Wir haben mit hoher Intensität“ Trainiert gehört zu den floskeligsten Floskeln im Profi-Fußball überhaupt. Aus diesem Grund ist aber im Gegenschluss auch die Ex-Post-Polemik gegen solche Aussagen mehr als wohlfeil – sie ist billig). Klar, dass kein Trainer sagen kann „Das Training war so lala“, „Die Jungs hängen sich überhaupt nicht rein“, „Die Woche hätten wir uns getrost sparen können“: Damit würde er sich das ultimative Armutszeugnis als Coach ausstellen. Also: Auf solche Aussagen einfach Pfeifen. Was zählt is auffm Platz – und zwar während des Punktspiels.

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