Über Dimo Wache konnte Florian Kohfeldt außer ein paar anerkennenden Worten nicht viel sagen. Bei Fabian Holland geriet der Lilien-Coach dagegen regelrecht ins Schwärmen. Die beiden Personalien der vergangenen Tage illustrieren den Spagat zwischen Tradition und Beständigkeit auf der einen sowie Umbruch und Entwicklung auf der anderen Seite, in dem sich der SV Darmstadt 98 gerade befindet. Der Lilienblog nennt fünf exemplarische Fälle:
1. Fabian Holland
Die Vertragsverlängerung mit dem seit bald einem Jahr verletzten Kapitän Holland zeige deutlich, dass die Verantwortlichen wüssten, „wie wichtig Identifikation für diesen Standort ist“, sagte Kohfeldt. Die Gespräche seien sehr positiv gewesen, alle hätten gespürt, dass der Spieler noch Lust habe. Holland sei eine „Identifikationsfigur“, eine „Persönlichkeit“ und ein „überragender Charakter“. Ein Comeback in dieser Saison sei aber „zumindest sehr, sehr unwahrscheinlich“. Vor diesem Hintergrund ist der neue Vertrag für einen bald 35-Jährigen bei allem Respekt für dessen Verdienste allerdings nicht für alle nachvollziehbar.
2. Tobias Kempe und Christoph Zimmermann
Bei anderen Spielerpersönlichkeiten der vergangenen Jahren ist eine Vertragsverlängerung dagegen ziemlich unwahrscheinlich. Das betrifft vor allem Tobias Kempe, den Kohfeldt explizit als Identifikationsfigur nannte. Kempe wird im Sommer 36 und spielte zuletzt sportlich kaum noch eine Rolle. „Tobi ist sehr mit sich im Reinen, sehr erfahren und wird sich zu gegebener Zeit sicherlich dazu äußern“, sagte der Lilien-Coach über die Zukunft des Mittelfeldspielers. Die Zeichen stehen wohl auf Abschied. Gleiches gilt für Abwehrspieler Christoph Zimmermann (32), der seit eineinhalb Jahren überwiegend verletzt ist. Menschlich wären beide ein Verlust. Sportlich hält sich ihr Wert aber auch perspektivisch in Grenzen.
3. Dimo Wache
Der Kult-Torwarttrainer ist zwar nach monatelangem Fehlen wieder gesundgeschrieben. Bei den Lilien wird man ihn allerdings (zumindest in absehbarer Zeit) nicht mehr erleben. Nach mehr als zwölf Jahren gab der Verein am Mittwoch die Vertragsauflösung in beiderseitigem Einvernehmen bekannt. Kohfeldt verwies darauf, dass er mit Wache in Darmstadt keinerlei Berührungspunkte gehabt habe. „Er war von dem Moment an, als ich hier Trainer war, nicht mehr auf dem Platz, nicht mehr da“, sagte er. Davor habe Wache jedoch herausragende Arbeit geleistet. Wache, der einen Vertrag bis 2028 hatte, war in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder mit körperlichen Problemen ausgefallen. Bereits seit November macht Alexander Kynaß seinen Job als Torwarttrainer, mit dem Kohfeldt schon bei seiner vorherigen Station in Eupen zusammengearbeitet hatte.
4. Ovid Hajou und Kai Peter Schmitz
Wache ist nicht das erste langjährige Staff-Mitglied, das den Verein seit dem Amtsantritt von Kohfeldt verlassen hat. Zunächst musste Co-Trainer Ovid Hajou im Herbst nach gut drei Jahren bei den Lilien gehen, weil der neue Coach seinen eigenen Assistenten Martin Heck mitbrachte – ein ganz normaler Vorgang bei einem Trainerwechsel. Vor wenigen Wochen wurde dann bekannt, dass Kai Peter Schmitz den Verein verlassen hatte. Der hatte immerhin seit Sommer 2016 in verschiedenen Funktionen vom Co-Trainer bis zum Videoanalysten für den Verein gearbeitet. Eine Trennung nach so langer Zeit ist auch in Berufen jenseits des Profi-Fußballs keine Sensation, erst recht, wenn sich der Arbeitgeber mit einem neuen Trainer und einem neuen Sportdirektor neu ausrichtet.
5. Rüdiger Fritsch
Auch an oberster Stelle beim SV Darmstadt 98 steht eine Veränderung an. Präsident Rüdiger Fritsch ist von allen hier genannten Protagonisten am längsten im Verein. 2008 wurde er Vizepräsident, seit 2012 führt er die Lilien. Aber im Herbst ist Schluss für den dann 64-Jährigen. Aus dem bisherigen Präsidium wird Markus Pfitzner, einer der beiden Vizepräsidenten, für die Nachfolge kandidieren. Sollte er gewählt werden, wäre das ein gutes Beispiel dafür, wie Kontinuität und Wandel zumindest in dieser Position Hand in Hand gehen können.
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Bildquellen
- ij7la7k9: Fotos Arthur Schönbein, Montage Stephan Köhnlein
Ein Umbruch erfolgt ja immer irgendwann. Auch die größte Vereinslegende muss irgendwann mal seine Schuhe an den Nagel hängen. Nur wann ist der richtige Zeitpunkt? Und von wem geht der Impuls aus?
Als Verein stehst du halt immer doof da, wenn du einer Vereinslegende den Vertrag nicht verlängerst.
Bei Kempe bin ich mir nicht sicher ob er nochmal 1 Jahr dranhängen könnte. Fit ist er ja scheinbar, nur bekommt er einfach keine Einsatzzeiten unter Kohfeld. Warum?
Bei Holland ist es ein gewagtes Spiel. Bock hat er, das ist klar. Wird er aber überhaupt nochmal an seine Leistungen anknüpfen können? Hat er überhaupt die Perspektive dann auch noch zu spielen oder wird er, wie aktuell Kempe, nur noch mitgezogen?
Schwierige Entscheidungen für einen Kader-Planer.
Bei Zimmermann war der Abschied zu erwarten. Gehe auch davon aus, dass er seine Karriere im Sommer beendet. So realistisch muss man sein.
Fabi Holland wird der Tobi Kempe der kommenden Saison werden. Ergänzungsspieler ohne Kaderplatzgarantie. Ob er das verdient hat und ob das zu einer Integrationsfigur passt?
Alles super Typen, Fabi, Tobi und Christoph, der Verein sollte Ihnen eine Aufgabe geben, aber nicht mehr in der Mannschaft. Das kann doch keinen Spaß machen auf der Bank zu schmoren. Irgendwann ist es mal vorbei, das mussten schon andere Spieler erkennen.